Wie ein vornehmes Burgfräulein benehme ich auf dem Foto wohl nicht gerade, aber an meinem ersten Morgen im St. Briavels Castle habe ich mich über das deftige Fühstück sehr gefreut! Es war so ein richtiges English Breakfast mit ham and eggs, scrambled eggs, baked tomato, baked beans (mhm!) and toast. Nach diesem herzhaften Frühstück war mein Burgfräulein-Magen erst einmal gut gefüllt und mit meiner Reisekumpanin Stefanie...
...ging ich in der Burg auf Entdeckungstour. Heute ist die kleine Festung eine Jugendherberge, und wo früher zum Beispiel das Burggefängnis war, ist nun ein Schlafsaal. Die Türen sind also zu öffnen, sodass man ohne Probleme hinauskommt.
Heutzutage ist es auch leichter, in die Burg zu kommen, da es füher gleich fünf Arten der Abwehr gab. Ein
ausgekügeltes System. 1. Der Burggraben mit Wasser, durch den man schwimmen musste. Aber wer konnte im Mittelalter schon schwimmen? 2. Eine Zugbrücke, die im Fall eines Angriffs natürlich
hochgezogen wurde. 3. Ein Fallgitter, das hinunter gelassen werden konnte. 4. Ein weiteres Holztor mit einem Fallgitter, eine echte Falle, denn von oben wurden durch Löcher in der Steindecke
Steine geworfen und durch Seitenschlitze Pfeile abgeschossen. 5. Und noch ein Holztor mit Fallgitter. Und wieder konnten die Angreifer durch Schlitze in der Wand angeschossen werden. Tja, da
überlegt man es sich doch fünf Mal, ob man die Burg angreift oder lieber nicht. Die Chancen lebendig hineinzukommen waren gering, die Burginsassen auszuhungern war die erfolgsversprechendere
Methode der Einnahme.
Vor wem mussten sich die Insassen von St. Briavels schützen und warum wurde es eigentlich gebaut? Burgen wurden ja
strategisch gebaut und nicht aus Jux und Dollerei irgendwo in der Pampa. Von "unserer" Burg hat man einen Blick auf den Fluss Wye, ein wichtiger Transportweg in
damaligen Zeiten, und da wollten die Herrscher schon wissen, wer da so langfuhr. Außerdem liegt die Burg nah an der Grenze zu - Wales! Ja, die erste Nacht waren wir noch gar nicht in Wales
sondern in England. Diese beiden Königreiche standen lange Zeit auf Kriegsfuß, und die englischen Könige wollten sich vor wallisischen Angriffen
schützen.
Irgendwdann wurde die Burg aber auch ganz herrschaftlich als Ausgangspunkt für königliche Jagden im Dean Forrest benutzt, dann wurde innerhalb der Mauern für eine Zeit Eisen zum Waffenbau im Krieg gegen Wales gelagert, danach wurde es als Gerichtssaal und Gefängnis benutzt. Sechzig Jahre diente es auch mal als Schulgebäude - hoffentlich haben sich die Schüler nicht wie Gefängnisinsassen gefühlt! In 900 Jahren kann eine Burg viel erleben, und wenn die Mauern erzählen könnten...wäre das spannend!
Auf alle Fälle würden die Mauern von Robin Hood berichten, der der Burg einmal einen Besuch abgestattet haben soll. Heimlich oder als Gast - das weiß ich nicht. Heimlich und unsichtbar sollen aber auf alle Fälle Gespenster durch die steinernen Hallen und Gänge ziehen und sogar gleich fünf an der Zahl. Im Zentrum der Ghost Gang steht Lady Grey, die Ehefrau von King John, die von selbigem umgebracht wurde. Und nicht nur sie wurde beseitigt, sondern auch ihr Baby, dessen Schreien noch heute zu hören sein soll und ihr Bruder, der in einer der Schlafkammern sein Unwesen treiben soll. Und ein "Mann" in glänzender Rüstung soll auch noch herumgeistern. Vielleicht King John selbst? Spooky times!
Stefanie und ich haben von den besonderen Hausbewohnern allerdings nichts mitbekommen, sondern haben super geschlafen! Und nach der Nachtruhe (und dem Frühstück!) waren wir bereit, gestärkt und frohen Mutes, um ins Feindesland zu fahren - nach Wales! Auch wenn der Weg gar nicht so vielversprechend angepriesen wurde. ;)
Auf zur nächsten Station!