Hast du schon mal von den Maoris gehört? Nein? So werden die Nachfahren der Menschen genannt, die vor den Europäern in Neuseeland gelebt haben. Der Engländer James Cook hat die beiden Inseln im Jahr 1769 als erster Europäer betreten, aber schon 500 Jahre zuvor kamen die Ahnen der Maoris nach Aotearoa, wie die Maoris Neuseeland in ihrer Sprache nennen: Land der langen weißen Wolke. Die maorische Sprache ist neben Englisch die zweite offizielle Sprache in Aotearoa. Das heutige Datum lautet zum Beispiel auf maorisch: rapere, 5 o Poutu te Rangi i te tau 2015 te ra. Alles klar? Auf dem Foto links siehst du einige Maoris ...
...beim Heraustragen ihres Bootes nach dem Training. Da man in Neuseeland nie weit vom Wasser entfernt ist - sei es das Meer oder ein See - haben die Kanus einen hohen Stellenwert in der Kultur der Maoris. Hinzu kommt natürlich, dass die ersten Maoris ja auch mit Booten über den Ozean nach Aotearoa gelangt sind. Was für eine Leistung - ganz ohne elektronische Navis und große Stahlschiffe! Der Bootsbau ist heute noch ein Kunsthandwerk, und die geschickten Hersteller versehen die Kanus mit detaillierten Schnitzereien, die immer auch eine bestimmte Bedeutung haben. Wellen können zum Beispiel für den Reichtum des Meers stehen, Spiralmotive stehen meistens für Veränderung und Erfahrung, und eine herausgestreckte Zunge der Bugfigur sollte bestimmt mögliche Feinde in Angst und Schrecken versetzen. Die Maoris hatten vor der Ankunft der Engländer keine Schriftsprache, aber Symbole konnten sie problemlos deuten. Hier zwei Beispiele der Schnitz-und Symbolkunst aus dem Te Papa Museum:
Die herausgestreckte Zunge siehst du heute nicht nur in Holz geschnitzt, sondern auch live, wenn der Kriegstanz vorgeführt wird, der Haka. Inzwischen ist der sogar in der ganzen Welt bekannt, denn die neuseeländische Rugby-Mannschaft stimmt sich so auf jedes Spiel ein - und will damit natürlich auch die gegnerische Mannschaft einschüchtern. Im Jahr 2011 hat das übrigens außerordentlich gut geklappt, und das Team wurde im eigenen Land Weltmeister. Tino pai. Wirklich gut.
Einen Haka habe ich nicht gesehen, aber die englischen Cricket-Mannschaft wurde zur Weltmeisterschaft auf Maori-Art begrüßt: Ein
Mann tanzte, sang und schwang recht furchterregend einen Holzstab, zwei singende Frauen geleiteten die etwas unsicher wirkenden englischen Sportler zum Versammlungshaus und eine Schülergruppe
tanzte, streckte die Zungen heraus und kullerte wild mit den Augen. Das war für mich ein ereignisreicher Moment, so eine Begrüßung hatte ich noch nie miterlebt. War ich froh, gerade an diesem Tag
in Wellington zu sein!
Wenn du das erste Bild der Begrüßung vergrößerst, erkennst du die vielen Tätowierungen in dem Gesicht des mittleren Mannes. Nicht ungewöhnlich für einen Maori, der seine Kultur lebt. Und wie bei den Schnitzerien gilt auch bei den Tattoos: Jede Form hat seine Bedeutung und erzählt etwas über die Lebensgeschichte der Person. Wenn man die Traditionen ernst nimmt, kann man also nicht einfach in einen Tattoo-Laden gehen und sich ein Motiv auswählen, nein, das ganze ist eine heilige (schmerzhafte!) Zeremonie, die auch nur bestimmt Menschen ausführen dürfen. Die Tätowierungen der Maoris waren früher besonders heftig, da die Haut mit Meißeln und Kämmen aus Knochen verletzt wurde, damit die Farbpigmente in die Haut kamen. Das Resultat waren nicht nur schwarze Linien auf dem Körper, sondern auch tiefe Furchen. Auch Frauen hatten teilweise Tätowierungen, vor allem auf dem Kinn.
Auf meiner Reise habe ich nur eine Maori mit einem Kinn-Tattoo gesehen, und das war im Albatross Zentrum auf der
Otago-Peninsula - wo ich mich in meinem Reisebericht ja eigentlich noch befinde. Auf der Halbinsel habe ich auch mein erstes Versammlungshaus der Maori gesehen, ein
marae. Leider verschlossen. Die Fratzen am Toreingang haben mich auch davon abgehalten, einfach hineinzuspazieren!
Zu den Maoris gibt es natürlich noch viel, viel mehr zu schreiben. Zum Beispiel, wie sie mit den Engländern ausgekommen sind. Oder wieviel Einfluss sie heute auf die Politik und Kultur Neuseelands haben. Oder welche Traditionen, Feste oder Verbote es gibt. Oder an welche Götter sie glauben. Oder wie viele Kinder die Sprache der Maori täglich sprechen. In diesem Eintrag hast du nur einen kleinen Einblick bekommen, aber vielleicht habe ich dich ja neugierig genug gemacht, um selbst weiterzuforschen?!
Im nächsten Eintrag geht es auf dieser Seite erst einmal vom Meer in die schneebedeckten, südlichen Alpen. Zieh dir schon mal die Wanderschuhe an!
Ka kite ano! Bis bald!
Auf zur nächsten Station!