Nach den Erlebnissen der vorherigen Tage brauchte ich eine Pause. Ich hatte so viel gesehen und erlebt, mein Empfangskanal war voll. Sorata erschien mir als das richtige Fleckchen, um einfach nur in einer Hängematte zu liegen und zu dösen.
In dem Hostel in La Paz hatte mir eine Mitarbeiterin eine Öko Lodge empfohlen, und nachdem mich der Bulli auf dem zentralen Platz Soratas ausgespuckt hatte, ging ich schnurstracks dorthin. Als erstes sah ich auf dem Gelände der Lodge ein kleines Häuschen mit direktem Blick auf den Illampu (einer der vielen schneebedeckten Gipfel der bolivianischen Anden). „Oh, da drin würde ich gern ein Zimmer haben.“ Das Sahnestück wurde meins! Abends beim Einschlafen und morgens beim Aufwachen blickte ich auf den Illampu und konnte mich dabei in meine dicke Bettdecke einkuscheln.
Die Lodgebesitzer waren geschäftstüchtige Hippies, die sich mit ihrem Öko-Betrieb ihren Traum verwirklicht haben. Auf dem Gelände liefen Lamas herum, Papageien saßen in den Bäumen, Hasen hüpften durch die Blumenbeete, und ich lag mittendrin in meiner Hängematte – immer schön mit dem Blick auf den Illampu. Die schneebedeckten Anden wirken so mächtig, zeitlos, unerschrocken – ich konnte mich nicht satt sehen.
Wie gesagt, so richtig viel habe ich in Sorata nicht gemacht. Einmal bin ich in einen Souvenirladen mit Internet gegangen, ein anderes Mal bin ich über den Markt geschlendert. Erst am dritten Tag konnte ich mich aufraffen, eine längere Wanderung zu einer Höhle zu machen.
Die Strecke ging entlang einer staubigen Straße, auf der zum Glück kaum Verkehr war. Mir war heiß und als ich in die Höhle trat, war die kühle Luft sehr angenehm. Eine handvoll Lampen produzierten ein schummriges Licht, und ich konnte einen großer, dunklen See erkennen. Mit einem Tretboot ging’s hinüber, am Lenkrad saß ein Bolivianer, der so alt wie die Höhle selbst aussah. Es war mucksmäuschenstill, ich hörte nur dann und wann einen Tropfen ins Wasser gleiten ... platsch ...platsch... Das ganze Szenario wirkte unheimlich, und ich musste unwillkürlich an den See denken, über den Harry Potter und Dumbledore rudern mussten, um einen Horocrux zu holen...platsch...platsch... Die Wasseroberfläche habe ich vorsichtshalber nicht berührt.
Ach, draußen bei Sonnenlicht zu wandern ist dann doch mehr meine Sache! Nach den drei Tagen in Sorata fühlte ich mich wieder frisch und bereit für meine letzte Station in Bolivien: Titikakasee, ich komme!
Auf zur nächsten Station!
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