„Die weiße Stadt“ – so wird Sucre genannt, und das ist sie wirklich. Als ich im Zentrum von Sucre stand, sah ich nur weiße Häuser, die in der Sonne strahlten. Aber so hat die Stadt nicht immer ausgesehen, und zwei andere Namen hatte sie auch schon.
Bevor die Europäer kamen, hieß der Ort Charcas und war die Hauptstadt der ansässigen Indianer. Ihre politischen und religiösen Führer lebten dort. Durch das Silber in der Region und das milde Klima Charcas angezogen, siedelten sich immer mehr Spanier an, bauten ihre weißen Häuser, übernahmen die Macht und nannten die Stadt La Plata (Das Silber).
Auch in der Kolonialzeit blieb der Ort das politische Zentrum und wurde 1809 Schauplatz des ersten Versuchs einer Revolution gegen die spanischen Herrscher. Genau 200 Jahre vor meiner Reise. Es dauerte aber noch 16 Jahre und viele Kämpfe, Verletzte und Tote bis Bolivien seine Unabhängigkeit erlangte.
In der Casa de la Libertad (Haus der Freiheit) in La Plata wurde am 6. August 1825 die Unabhängigkeitsurkunde Boliviens unterschrieben. Endlich, endlich war Bolivien ein eigenständiger Staat! Ein General namens Antonio José de Sucre hat sich dafür besonders ins Zeug gelegt, und als dank dafür wurde La Plata unbenannt in, lógico, Sucre. Mit dem neuen Namen sollte eine andere, bessere Zeit für die Menschen beginnen.
Fast hundert Jahre war Sucre dann die Hauptstadt Boliviens, bevor La Paz ihr 1898 den Rang erfolgreich streitig machte. Nur der Oberste Gerichtshof ist weiterhin in Sucre, d.h. die wichtigsten Richter des Landes arbeiten dort.
Ich bin zwei Tage durch die Stadt geschlendert: von einem Hügel aus habe ich auf sie hinuntergesehen (weiß, weiß, weiß), war in einem Franziskaner-Kloster und in dem einzigen Supermarkt, den ich in Bolivien sah. Gekauft habe ich mir eine Zahnbürste und eine Schokolade (die Zahnbürste musste sich ja lohnen!). In der Casa de la Libertad habe ich eine Führung mitgemacht und mir angeschaut, wer wo bei der Unterzeichnung der Urkunde zur Unabhängigkeit gesessen hat.
In einem Raum schauten die 192 Präsidenten Boliviens aus ihren Gemälden streng auf mich herab. Das Bild von Evo Morales stach allein schon dadurch hervor, da er das erste Staatsoberhaupt aus den Reihen der Originales war – und immer noch ist. Außerdem trug er keinen Anzug und keine Uniform, sondern einen Poncho.
Auf zur nächsten Station!
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