Wie hätte es anders sein können? Frühmorgens, als alle Hotels noch geschlossen waren, bin ich in Arequipa angekommen. Mein Taxifahrer konnte mir zum Glück ein Hotel empfehlen und dort bekam ich nach vehementen Klopfen an der Eingangstür auch ein Zimmer. Wunderbar. An der Rezeption buchte ich später auch eine Tour in den Cañón de Colca und war frei, die Stadt zu erkunden.
Am großen Platz – Plaza de Armas, wie auch sonst?! – prunkte an einer Front eine Kathedrale, an den anderen Seiten zogen sich herrschaftliche Häuser entlang, die weiß strahlten. In fast allen Häusern waren im ersten Stock Restaurants und in einem davon habe ich es mir dann auf dem Balkon gemütlich gemacht, gefrühstückt und überlegt, was ich mir – neben dem obligatorischen, das heißt unumgänglichen Umherwandern in der Stadt – anschauen wollte. Mein Ergebnis war:
Nach dem letzten Schluck Kaffee schlenderte ich zuerst zu dem Kloster, das im Innern gar nicht wirkte wie ein Kloster. Es war eine kleine Stadt in der großen Stadt Arequipa mit Kirchen, Kapellen, Plätze zum Sitzen oder Waschen, vielen Blumen, Brunnen und farbenfrohen „Reihenhäusern“. Es gab kleinere und größere Apartments, manche super edel eingerichtet, andere einfacherer.
Verglichen mit dem eher spartanischen Dominikanerkloster in Cusco war hier alles feudal, also herrschaftlich und die Nonnen hatten früher teilweise sogar eigene Sklavinnen. Wie das mit dem Geist des Neuen Testaments zu vereinbaren ist, ist mir schleierhaft! Oft wirken Klöster auf mich einengend, aber dieses war freundlich, hell und ich konnte mir dort ein schönes Leben vorstellen. Wobei das Leben einer Nonne immer eine unumstößliche Grenze hatte: die Klostermauer.
Düsterer als im Monasterio war es in dem Museum, das ich als nächstes besuchte. Hauptattraktion war „Juanita“, ein Mädchen, das zu Inkazeiten dem Berggott Ampato geopfert wurde. 1995 hatte ein Wissenschaftler Juanita auf einer Expedition durch Zufall auf einem Vulkangipfel entdeckt: Sie saß dort gekrümmt und eingefroren. Durch die Kälte war ihr Körper nicht verwest und Haut, Haare und sonstige Zellen waren erhalten belieben.
Die wissenschaftliche Welt war von dem Fund begeistert, nun konnten durch die Untersuchung der Leiche Fragen über die Inkas beantworten: Welche Nahrung nahmen sie ein? Welche Krankheiten gab es? Wie waren die Körper gebaut? Und, und, und. Das Mädchen selbst ist wohl durch Kräuter bewusstlos gemacht worden, bevor es mit einem Schlag gegen den Kopf getötet und somit geopfert wurde. Warum Juanita geopfert wurde, ist nicht sicher, aber vielleicht erhoffte man sich vom Berggott Ampato Hilfe in einer Dürrezeit.
Als ich vor „Juanita“ stand, war das sehr komisch. Der Raum war dunkel, das Mädchen lag auf einer Drehscheibe in einer Vitrine. Eine Leiche, die schon über 500 Jahre alt war. Ein Mensch, der getötet worden war, um einem Gott zu opfern. Sollte man so etwas überhaupt zur Schau stellen?
Als ich wieder in die Sonnte trat, war ich benommen und wollte nur noch durch die Straßen und die Markthalle schlendern. Werden wohl heute noch irgendwo Menschen Göttern geopfert? Wenn Kinder zu Soldaten ausgebildet und in den Krieg geschickt werden, dann wird ihr Leben auch geopfert, oder etwa nicht? Solche Gedanken gingen mir den Rest des Tages in Arequipa durch den Kopf und ließen mich auch nicht los, als ich schon auf dem Weg in die Colca Schlucht fuhr, vorbei an dem Berg Ampato.
Auf zur nächsten Station!
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