Mit meinen Rucksack "Wallace" auf dem Rüken ging es Samstag am Schweriner Bahnhof los. Yippie! Vor Aufregung und Vorfreude hatte ich die vorherige Nacht kaum schlafen können und war ganz schön müde. Aber egal, ich hatte viel Zeit während der Anreise zu schlafen, und jetzt bin ich in Costa Rica, sitze mit meinem Frühstück (frische, saftige, süße Ananas!) im Garten bei Freunden, ein Zug tutet gerade vorbei und ich freue mich auf einen Tag in San José. Bevor ich mich aber in das Gewusel der Großstadt stürze, erzähle ich dir, was ich seit Samstag schon alles erlebt habe. Viel Spaß beim Lesen! Disfrute!
Die Anreise dauerte und dauerte, aber Costa Rica liegt ja auch nicht gleich um die Ecke. Das merkst du schon an den unterschiedlichen Tageszeiten: Ich esse hier wie gesagt meine Frühstücksananas, bei dir gibt es jetzt vielleicht gerade einen Kuchen zur Kaffeezeit. Der Zeitunterschied beträgt volle acht Stunden, und während der Anreise musste ich meine Uhr immer wieder etwas vorstellen. Als mein letzter Flieger von Miami in den USA aus endlich startete, hatte ich fast die costaricanische Zeit erreicht und konnte ganz bald die Berge Costa Ricas aus dem Fenster sehen!
Mein lieber Wallace hatte es leider nicht nach San José geschafft und lag noch irgendwo in Chicago oder Miami zwischen anderen Rucksäcken und Koffern rum. Blöd. Vor allem, weil ich wegen der Reklamation fast den Beginn des WM-Finales verpasst hätte! Aber pünktlich saß ich im Kreise einer costaricanischen Großfamilie vor dem Fernseher und bibberte bis zum erlösenden Tor mit der deutschen Mannschaft mit! Goooooooool!
Ticos (wie sich die Costaricaner nennen) sind ganz vernarrt in Fußball und seit dem Einzug ins Viertelfinale schweben sie im siebten Fußballhimmel. Die Spieler der Selection, also der Nationalmannschaft, sind die Helden schlechthin und als sie nach Hause kamen, brauchte ihr offenes Fahrzeug sage und schreibe fünf Stunden vom Flughafen bis zum Sabana Park in San José. Ohne Stau schafft man diese Strecke normalerweis in 15 Minuten! Die Heimkehr war eine riesige Party!
Durch das Wiedersehen mit meinen Freunden und natürlich auch wegen des WM-Titels war ich ziemlich aufgekratzt und konnte trotz Zeitumstellung bis zum Abend wach bleiben. Aber dann wollte ich nur noch schlafen und freute mich auf einen langsamen Montagmorgen. Nach dem Aufwachen lag ich noch eine Weile im Bett und lauschte den Geräuschen von San José am frühen Morgen: Vogelschreie, das Rattern des Zuges, das Aufschließen der Gittertüren vor den Wohnhäusern, morgendliche Grüße über die Straße hinweg, das Hupten ungeduldig Autofahrer, Kinderstimmen, die sich von ihren Eltern verabschiedeten. Denn für die Kinder in Costa Rica war gestern kein Ausschlafen mehr möglich, da nach zwei Wochen Ferien die Schule wieder losging (hier noch mehr über den Schulalltag in Costa Rica erfahren). Während im ganzen Land die Schulglocken also wieder läuteten, las ich erst einmal gemütlch die Zeitung "La Nacion", die natürlich voll mit den Ereignissen der WM war. Claro! Mein Ankommen in Costa Rica stand unter einem Fußballstern. ;)
Und dann habe ich doch noch das Haus verlassen und bin mit meiner costaricanischen Freundin Ingrid (sehr deutsch klingender Name, oder?) raus aufs Land gefahren. Unser Ziel war die größte Ausgrabungsstätte in Costa Rica, Guayabo, und dieser Ausflug sollte sehr, sehr witzig enden.
Aber das wussten wir natürlich noch nicht, als es mittags losging. In der Regenzeit erst mittags loszufahren, ist nicht gerade schlau, denn normalerweise bleibt es morgens trocken und nachmittags kommen die Regengüsse. Und so war es auch gestern, aber zum Glück regnete es nicht zu doll und wir konnten die Fahrt über die rustikalen Straßen trotzdem sehr genießen. Zwischendurch gab es ein knuspriges Hühnchen vom Grill auf die Hand.
Kurz vor Schließung des Nationalparks schafften wir es noch hinein zu kommen und konnten mitten im Regenwald in eine weit entfernte Zeit Costa Ricas eintauchen, eine Zeit lange bevor die Europäer ihre Füße auf den mittelamerikanischen Kontinent setzten. Die Kulisse macht den Ort so mystisch, denn die gefundenen steinernen Hausfundamente werden von Palmen, hohen Bäumen mit unendlich vielen Tarzan-Lianen und tausend Arten von Farnen, Orchideen, Helikonien und und und eingerahmt. Und dann noch die Berge mit Nebelfetzen und der Vulkan Turrialba im Hintergrund, das ist schon imposant.
Wer hier genau gelebt hat, weiß niemand. Es gibt keine Knochenfunde, Keramikreste oder andere Hinweise. Allein die Steine der Straßen, Häuser und Äquadukte sind Zeugen der Vergangen- heit. Aber gerade die Äquadukte beweisen, dass die Bewohner großartige Ingenieure gewesen sein musste. Egal ob Trocken- oder Regenzeit, die Auffangbecken sind immer gleich voll mit Wasser gefüllt! Nicht so der Boden, und da es in den letzten Wochen richtig viel geregnet hatte, war die Erde in Wasser getränkt, sodass wir bei jedem Schritt im Matsch versanken. Und genau in solch einem Matschmoment wurde es sehr lustig -jedenfalls für mich. Was ist wohl passiert?
Zum Glück konnte Ingrid auch über ihren Ausrutscher lachen! Abends bin ich - glaube ich - mit einem breiten Schmunzeln im Gesicht eingeschlafen. Wallace war inzwischen übrigens auch angekommen.
Letzten Dienstagabend kamen meine Cousine Silke und ihre Kinder Jonas und Stina in San José - müde und kaputt nach einer langen Anreise. Aber sie mussten es auch nur noch ins Hostel schaffen und schlafen. Ihr Schlaf wurde allerdings etwas gestört, weil eine Mäusefamilie über der Zimmerdecke rum- piepste. Na, toll. Nach einem kräfigen Schlag gegen die Decken- wand suchten sie sich aber einen anderen Ort. Am nächsten Morgen holten wir dann unseren Leihwagen ab, trafen zwei Freundinnen von mir und gemeinsam ging die Fahrt über die
Berge in den Süden Costa Ricas!
Drei Tage Dschungelcamp lagen vor uns! Wir kamen in dem Bergdörfchen Altamira an und schliefen noch einmal in einem Bett mit einer richtigen Matratze. Am frühen Morgen marschierten wir dann mit Sack und Pack in den Nationalpark La Amistad los und die nächsten 10 Stunden marschierten wir tiefer und tiefer in den Regenwalf hinein. Ein Guide zeigte uns den Weg, der nicht immer eindeutig war. Zu Beginn ging es durch feuchte Wälder mit Palmen, dann durch sogenannte Eichenwälder mit meterhohen Farnen aus der Zeit der Dinosaurier (die Eichen sehen hier aber anders aus als in Deutschland!) und wir stapften durch viel Matsch und viele Bäche. Es ist ja eigentlich die Regenzeit und der Boden und die Baumwurzeln waren dementsprechend rutschig.
Nach gefühlten Tausend Pilzfotos (es gibt herrlich bunte und bizarre Pilze in den Wäldern Costa Ricas) kamen wir an unserer Holzhütte an. Dort erwartete uns Josué schon mit Abendbrot, das wir sofort verschlangen. Wir waren so kaputt von der Wanderung, dass wir gleich um 19 Uhr in unsere Schlafsäcke verschwanden und mit den Geräuschen des Regenwaldes einschliefen. Wir waren mitten, mitten im Dschungel!
Und am nächsten Tag ging es entlang eines verwunschenen Flusses noch weiter hinein in das Herz des Valle de Silencio, auf Deutsch bedeutet das „Tal der Stille“. Auf dem Weg dorthin hörten wir immer wieder Kolibris zirpen und an bestimmten Bäumen sahen wir die kleinen Flugmotoren sogar in Massen, das heißt bis zu zwanzig Stück! Der Blütennektar musste ganz hervorragend munden!
An unserem Ziel angekommen, machten wir zwischen den dortigen Mini-Palmen eine lange, lange Pause und genossen die Sonne und den Blick auf die Berg – bis nach Panama. Irgendwann kamen wir wieder an unserem Dschungel-Zuhause an und sprangen verschwitzt und dreckig in den kalten Fluss! Das war fulminant erfrischend und nach der Wanderung einfach genial!
An Tag Nummer Drei packten wir unsere Schlafsäcke, Zahnbürsten und Kleidung ein und liefen die Berge wieder hinab. Das ging schneller als hinauf - zum Glück. Naürlich gab es auf der Wanderung auch Tiefpunkte, die ich nicht verschweigen will: Mückenstiche, die anschwollen, Füße, die schmerzten oder Beine, die nicht mehr wollten. Aber das alles war die Wanderung wert!
Von den Bergen fuhren wir dann hinab an den schwülen Pazifik und streckten unsere müden Beine erst einmal aus. Für den nächsten Tag hatten wir aber schon wieder eine Tour geplant - diesmal ohne Wandern. Es sollte zu der Insel Isla del Cano gehen. Aufgewacht sind wir unter einem Teppich von Vogelstimmen, der sich von Baumwipfel zu Baumwipfel webte - ein sehr angenehmer Wecker. Dann kamen allerdings Hundegebell und eine Motorsäge dazu, naja, wir wollten ja eh aufstehen.
Beim Frühstück wurden wir mit einem bunten Früchteteller begrüßt: frische Ananas, Papaya, Melone, Banane und eine Sternfrucht. Köstlich. Und natürlich standen Gallo Pinto (Reise mit Bohnen) und Rührei auf dem Tisch. Dann kam noch der Hotelbesitzer Don Eduardo mit seinem uralten, knallroten VW-Bulli vorgefahren - da konnte der Tag ja nur gut werden.
In Sierpe stiegen wir in ein Boot und ließen uns zur Isla del Cano fahren. Alle Habseligkeiten waren in Tüten eingepackt, denn es sollte eine Stunde lang über das offene Meer gehen. Wir waren schon kurz vor der Isla, als der Höhepunkt der Hinfahrt kam: Unser Bootsführer entschleunigte die Fahrt und zeigte links auf das bewegte Meer. Ich sah nichts außer Wellen – bis sich auf einmal der Rücken eines Buckelwals aus dem Wasser schob. Und dann noch einer. Auf dem Boot waren alle ganz aufgeregt, damit hatten wir nicht gerechnet: Wale! Die Walmutter war den langen Weg von der Antarktis nach Costa Rica geschwommen, um hier ihr Junges zu bekommen. Jetzt wurde es noch ordentlich genährt, bevor es wieder gen Süden in die Kälte ging. Da das Junge noch nicht lange ohne Sauerstoff unter Wasser sein konnte, konnten wir die beiden dreimal auftauchen und ihre Fontänen spritzen sehen. Ihre Schwanzflossen wollten sie uns aber nicht zeigen. Schade.
Nach einer halben Stunde trennten sich unsere Wege, inzwischen war mir allerdings ziemlich übel vom vielen Schaukeln während der Walbeobachtung geworden. Die Übelkeit ging auch beim Schnorcheln nicht weg. Que lastima. Wie dumm. Die gelben, blauen, schimmernden Fische konnte ich kaum genießen und ließ mich lieber an den Strand der Insel bringen. Die Isla del Cano liegt 35 Kilometer vor der Küste von Costa Rica, und für mich sah sie aus wie eine echte Schatzinsel. Die eigentliche Schatzinsel liegt weiter weg im Pazifik, aber als ich so am Strand der Isla del Cano entlang ging, dachte ich mir: „Warum sollte nicht auch hier ein Schatz liegen?“ In meiner Phantasie sah ich Piraten eine Kisten mit Golddukaten den Strand entlang ziehen und im Urwald verbergen. Aber da man als Tourist aus Naturschutzgründen nicht auf die Insel darf, konnte ich leider nicht buddeln.
Nach dem Inselbesuch fuhren wir noch zum Nationalpark Corcovado und auf diesem Weg schwamm eine Delfinschule mit uns und die einzelnen Delfine machten ihre Kapriolen. So schön! Im Nationalpark angekommen spazierten wir noch zu einem Wasserfall und sprangen ins Kühle. Das war auch nötig, denn der Wald war – wie es sich für einen tropischen Regenwald gehört – feucht und heiß. Der Schweiß lief an uns nur so hinunter. Irgendwann nahmen wir Abschied von den Faultieren und Äffchen, die am Wegesrand in den Bäumen hingen und es ging zurück nach Sierpe. What a beautiful day!
Im Süden Costa Ricas gibt es außer der Natur noch etwas Besonderes und zwar Steinkugeln. Da kannst du natürlich
erst einmal fragen: "Was ist denn an Steinkugeln so interessant?" Da gibt es unterschiedliche Antworten: Es gibt davon Hunderte überall auf der Halbinsel verteilt, die perfekt rund
gearbeitet worden sind. Außerdem haben sie verschiedene Größen - von Faustgroßen bis zu einem Durchmesse von zweieinhalb Metern – und sie sind über tausend Jahre alt. Die große Frage
ist, wozu sie angefertigt wurden? Costaricanische Forscher gehen davon aus, dass im Diquis Delta (so wird der Landstrich genannt) vor der Ankunft der Europäer mächtige Stämme
lebten, die mit diesen Steinkugeln zum einen ihre Macht demonstrieren wollten und diese zum anderen für besondere Riten benutzen. Vielleicht auch, um Planetenkonstellationen nachzustellen, und da
wären wir auch schon bei den Außerirdischen. Es gibt nämlich auch eine Theorie, dass Außerirdische die Kugeln vorbeigebracht hätten. Tja, wenn man nichts Genaues weiß, spekulieren Leute meistens
gerne. Ich habe mir die Kugeln an einem ihrer Originalschauplätze angeschaut und habe meine eigenen Vermutungen angestellt.
Von der Grenze zu Panama fuhren wir gemächlich fast bis an die Grenze zu Nicaragua im Norden von Costa Rica. Drei Länder in einem Satz: Panama, Costa Rica, Nikaragua. Die Länder in Mittelamerika sind eben nicht so groß, sodass man schnell an die Landesgrenzen kommt - vor allem, wenn man die Panameri- kana fährt. Das ist eine Straße, die von Alaska hinab ganz bis zur Südspitze Südamerikas führt. Sie ist also wahnsinnig lang, wir sind nur ein Stückchen auf ihr gefahren. Aber immerhin. Unsere Fahrt unterbrachen wir, um eine Canopy Tour zu machen, im Meer zu baden und Krokodile im Fluss zu beob- achten, bis wir schließlich am Vulkan Rincon de la Vieja ankamen.
Canopy ist keine Kanutour durch den Regenwald. Nein, man gleitet an einem Stahlseil befestigt von einem Baum zum nächsten. Das macht richtig viel Spaß! Bevor es losging, haben wir Schutzhelme aufgesetzt und haben einen Harnisch mit drei stabilen Karabinerhaken angelegt. Mit den Haken wurden wir dann an der Seilrolle befestigt, und ab ging die Post durch den Regenwald. Die längste Fahrt ging 20 Sekunden, und ich hatte so ein bisschen das Gefühl, als flöge ich. Bei einem meiner „Flüge“ hat mich sogar ein Vogel begleitet, der dann irgendwann rechts abbog als ich an der Halteplattform angekam. Das war ein einmaliger Moment für mich. Die Canopytour führte durch eine ehemalige Kakaoplantage, sodass wir durch viele Kakaobäume gingen. Außerdem sahen wir Bäume mit spitzen Stacheln zur Verteidigung von unliebsamen Besuchern. Zum Glück hatten wir keine Klettertour gebucht!
Als wir wieder festen Boden unter den Füßen hatten, ging die Fahrt weiter nach Manuel Antonio. Das ist einer der
meist besuchten Nationalparks direkt an der Pazifikküste. Das Örtchen ist also auch ein richtiger Touri-Ort mit vielen Restaurants, Andenkenläden und kleinen Straßenständen mit
Schmuck, Tüchern, Kokosnüssen und anderen Knabbereien. Nachdem wir drei Tage richtig im Dschungel waren, war der Nationalpark echt ein Reinfall. Wir zahlten 10 Dollar Eintritt, um entlang einer
Baustelle zu einem schönen Strand zu gelangen, der proppevoll mit Badegästen war und in dessen Hintergrund Baumaschinen wummerten. Und das soll ein Nationalpark sein? Seltsam.
Länger aufhalten wollten wir uns dort nicht, der Norden wartete ja noch auf uns! Also hieß es wieder Rucksack oder Koffer zu packen, im Auto zu verstauen und noch mal überlegen, ob wir auch wirklich alles mitgenommen haben. Ich bin ja eine Künstlerin im Liegenlassen. ;) Gut, alles im Auto, es konnte also losgehen. Da ich wusste, dass im Fluss Tarcoles Krokodile ihr Zuhause haben, hielten wir an der Brücke über dem Fluss an. Und da lagen sie auch genüsslich am Ufer oder mitten im Strom. Ihre Ruhe wurde aber von einigen Männern gestört, die sie mit einem Hühnchen anlocken und fangen wollten. Ich fand das seltsam, denn es ist in Costa Rica verboten, Krokodile zu fangen. Deshalb fragte ich in einem Restaurant in der Nähe der Brücke, was die Männer da machen würden. Der Kellner meinte, sie seien vom Ministerium und würden nach den Krokodilen schauen. Mhm, ich hoffe mal, dass das stimmte.
Nachdem wir Astrid, eine Freundin von mir, getroffen hatten, kamen wir noch bei Tageslicht am Rincon de la Vieja an. Während der Fahrt konnten wir beobachten, wie die Landschaft immer trockener wurde. Der Norden ist generell viel trockener als der Süden und dieses Jahr kommt noch hinzu, dass die Regenzeit keine Regen bringt. Viele Flüsse sind ausgetrocknet und die Menschen in Guanacaste (so heißt die Gegend hier) blicken mit mulmigen Gefühl einer Dürre entgegen. Ungewöhnlich war auch der heftige Wind, der abends aufkam und die Bäume hin- und herschaukelte. Der Wind war aber nicht stark genug, die Vulkankette von Wolken frei zu pusten.
Morgens machten wir uns auf den Weg zum Nationalpark. Zum Krater darf man seit zwei Jahren nicht mehr hinauf wandern, da er zu aktiv ist. Aber auch auf dem unteren Level kommt man zu blubbernden Schlammquellen die nach faulen Eiern riechen. Aus dem Berg des Vulkans strömt Schwefel aus und man muss aufpassen, dass einem davon nicht übel oder schwindlig wird. Die brühendheißen Blubberlöcher waren der Höhepunkt der kurzen Wanderung, aber wir fanden auch die Brettwurzeln und die Lianen faszinierend! Dies riesigen Wurzelbretter geben den hohen Bäumen Halt, denn die Wurzeln der Bäume gehen ja nicht tief in die Erde sondern wachsen nahe an der Oberfläche, wo die meisten Nährstoffe sind. Da entstehen ganz bizarre Wurzelformen und ich habe mich manches Mal gefragt, ob es eine Wurzel oder vielleicht nicht doch eine Schlange war!
Da ein Vulkan bekanntlich sehr heiß ist, gibt es in der Nähe von ihnen meistens auch heiße Quellen, in denen man herrlich baden kann. Und das taten wir natürlich auch, und vor allem Silke konnten wir gar nicht aus den Becken wieder hinaus bekommen. Sie fand es so herrlich im heißen Wasser zu liegen, ins Blätterdach zu schauen und von der Sonne beschienen zu werden. Aber irgendwann wurde es ja dunkel und wie bekamen Hunger...
Das war es erst einmal vom nördlichste Punkt unserer Reise! Auf nach Nicoya, wo die Menschen diese Woche mit Umzügen,
Stierkämpfen, Konzerten und Tänzen ihren Anschluss an Costa Rica feiern - zum hundertneunzigsten Mal.
Jetzt schreibe ich über unsere Erlebnisse in der Provinz (so etwas wie ein Bundesland) Guancaste, genauer gesagt bei dem Volksfest in Guanacaste, das jedes Jahr um den 25.Juli stattfindet. Die Kleinstadt Nicoya war zum Festtag voll mit Menschen aus allen möglichen Orten Costa Ricas, im Park waren viele Ess- und Verkaufsstände aufgebaut und auf einer Bühne wurde musiziert, getanzt und eine feierliche Rede nach der anderen gehalten. Silke, Jonas, Stina und ich waren mittendrin im Trubel und harrten der Dinge, die da kommen sollten.
Als wir ankamen, waren die Festreden (zum Glück) schon vorüber, aber wir bekamen immerhin noch mit, dass es eine große
Fußballtorte geben sollte. Das zuckersüße Stück stand schon bereit zum Anschneiden, und kein geringerer als der Präsident von Costa Rica nahm sich dieser Aufgabe
höchst persönlich an! Und bevor el Senor Presidente wieder verschwand, ergatterten wir sogar noch ein Foto mit ihm, denn solch ein Foto kann man ja auch nicht jeden Tag
schießen.
Silke und ich hatten übrigens keine roten Köpfe, weil uns die Situation peinlich war, sondern weil es so schrecklich heiß war! Jeder Windzug war eine Wohltat und wir konnten gar nicht so viel trinken, wie wir wieder schwitzten. Hitze hin oder her, wir warteten geduldig darauf, was als nächstes so passieren sollte, aber wen wir auch fragten, niemand wusste so richtig, wann es weitergehen sollten. Die Ticos schien das wenig zu stören, sie warteten ebenfalls, unterhielten sich, aßen oder tranken und schauten und schauten. Dann hörten wir endlich Musikklänge von der Bühne und mit zweistündiger Verspätung begann die Tanzgruppe von Nicoya mit ihrem Programm und führten folkloristische Tänze aus Costa Rica, El Salvadar, Griechenland und Ungarn vor. Die Röcke flogen nur so durch die Luft und Tänzer und Publikum hatten viel Spaß an der Aufführung. Am meisten beklatscht wurden die bekannten Tico Tänze, logisch.
Dann war wieder Trinken, Warten und Schwitzen angesagt, bis das Warten vom vorbeiziehenden Umzug unterbrochen wurde. Ich hatte mir den Umzug etwas länger und folkloristischer vorgestellt, als er dann war. Es gab wieder eine Tanzgruppe und die bekannten Riesenpuppen aus Pappmaschée, der Rest der kurzen Karawane waren aber Wagen mit Riesenboxen, aus denen Technomusik schallte, zu der ein paar Jugendliche tanzten. Und danach? Na klar, Trinken, Warten und Schwitzen. Wir waren kurz davor zu gehen, da wir auf Trinken, Warten und Schwitzen keine Lust mehr hatten, als endlich das erste Hufengetrappel zu hören war. Eintausenfünfhundert Pferde mit Reiten sollten durch die Straßen von Nicoya paradieren! Ein Zuschauer aus San José sagte mir, so viele seien noch nie dabei gewesen. Und ich kann mir vorstellen, dass die meisten Pferde auch nicht dabei sein wollten. Sie hatten wegen der Hitze Schaum vor dem Mund, die Enge der Straßen musste für die Vierbeiner der pure Stress gewesen sein und dazu noch megalaute Musik. Mir taten die Pferde Leid und ich verstand nicht, warum sie zwischendurch kein Wasser bekamen. Die Reiter wurden ja auch mit Bier versorgt! Nach, sagen wir mal, fünfhundert Perden hatten wir genug von der Parade und sprangen zur Abkühlung lieber in den Hotelpool. Schluss mit Trinken, Warten und Schwitzen!
Das alles erlebten wir am Freitag. Am Sonntag sind wir dann nach Santa Cruz gefahren, um eine weitere Attraktion von Guanacaste kennenzulernen - Rodeo oder los torros, wie es hier genannt wird. Die Stiere sind zwar nicht freiwillig in der Arena, aber immerhin werden sie nicht verletzt. Es sind die Menschen, die humpelnd oder flüchtend den Platz verlassen.
Wenn der Stier im Ring ist, geht es ab, denn es sind nicht nur Stier und Reiter in der Runde, sondern um die hundert Jungs, Jugendliche und Männer laufen ebenfalls über den Platz. Loco! Verrückt! Der Stier mit Reiter kommt aus dem Tor und nach wenigen Sekunden wird der Matador gleich abgeworfen. Dann kommt der Moment der ganzen Verrückten auf dem Platz, denn der Stier geht auf sie los. Nur in letzter Sekunde konnten sich die meisten retten, in dem sie unter die Tribunen, auf die Zäune oder in die Hütte des Roten Kreuzes krochen oder sprangen. In den ganz kritischen Momenten ging ein langes "Ohhhhhhhhhh" und "Uhhhhhhhhhhh" durch die Reihen der Zuschauer. Zum Glück ist niemandem ernstlich etwas passiert...aber que loco!
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