Wenn du die Reise von Anfang an verfolgen willst, dann musst du einmal ganz nach unten scrollen - da beginnt es in Hamburg!
Der Törn liegt nur ein paar Wochen hinter mir und ich sitze wieder in Heiligengrabe an meinem Laptop – auch ein wunderschöner Ort zum Verweilen.
Eben habe ich noch einmal meine einzelnen Berichte durchgelesen – was für intensive Monate liegen hinter mir oder vielmehr uns. Mit 37 Menschen auf engstem Raum, kaum Möglichkeiten sich zurückzuziehen. Immer wieder mit verstopften Abflussrohren (oh man, das kann nervig werden), zu viel oder zu wenig Belüftung (jeder hat da so seine Vorlieben), unterschiedliche Vorstellungen vom Zusammenleben (von „Strafen sind notwendig“ bis zu „ Zusammenleben ist Beziehungsarbeit“). Puh, das war nicht ohne.
Wenn du Lust darauf bekommen hast, auch eine Reise auf einem Traditionsschiff zu machen, zwei Tipps von mir. Numero uno: Man kann solche Törns auch als Klassenfahrt machen. Schlag es deiner Klasse vor. Numero dos: Mach eine längere Reise nach deiner Schulzeit. Dann musst du dich nicht mit Klassenarbeiten, Schulnoten und so weiter beschäftigen und bist freier in deinen Entscheidungen!
Jetzt sind wir wieder in Deutschland - an einem der äußersten Zipfel: der Felseninsel Helgoland. Einfach wieder deutsch sprechen, wenn man in ein Geschäft geht. Komisch nach fast sieben Monaten. Aber was wirklich gewöhnungsbedürftig ist, ist die Kälte! Es ist doch offiziell Frühling. Aber immerhin scheint die Sonne, und wir konnten bei strahlend blauem Himmel am Strand spazieren gehen und Seerobben und Seelöwen aus 30 Meter Entfernung bestaunen. Dann waren wir heute im Aquarium und haben eine Führung "hinter den Kulissen" bekommen und viel über die Tier- und Pflanzenwelt der Nordsee gelernt. Man, haben Hummer riesige Scheren zum Greifen und Schneiden und bis zu 75cm können sie lang werden. Eben waren wir auch noch in Helgoland drin - in den Bunkern, die aus dem zweiten Weltkrieg stammen. Diese kleine Insel hat schon eine sehr bewegte Geschichte: sie war eine Piratenhochburg und Klaus Störtebecker kein seltener Gast, mal gehörte der Felsen zu Dänemark, mal zu Großbritannien, mal zu Deutschland, dann musste die Bewohner in den beiden Weltkriegen die Insel verlassen, dann sollte hier ein großer Kriegshafen entstehen und dann benutzte die britische Armee Helgoland als "Bombenübungsplatz" bevor die Helgoländer endlich wieder auf ihre Insel zurückkommen konnten. Das nur ein ganz kurzer Überblick. In den letzten Tagen haben wir das meiste von der Insel gesehen - natürlich auch den Vogelfelsen im Norden. Dort brüten an den Felsen gerade viele Lummen (Vögel) und es ist bewundernswert wie sie sich bei dem starkem Wind halten können. Morgen sagen wir "Helgoland Tschüss" und es geht Richtung Glückstadt, wo die meisten Schüler ihren Sportbootführerschein machen und dann - am Samstag, legen wir um 11:10 Uhr am Sandtorkai in Hamburg an. Bist du dabei?
Ok, just a quick note - gleich geht es nämlich schon wieder weiter! Wir sind gestern in Falmouth angekommen, das heißt Cornwall, das heißt England, das heißt Großbritannien und das heißt wir sind geografisch wieder in Europa. Wow! Der Nordatlantik war friedlich, wir sind mit einer Flaute rübergeschippert. Sehr magenfreundlich! :) Ach ja, gerne würde ich mehr schreiben über die Fahrt, das kleine Hafenstädtchen und Fotos 'reinstellen.. - aber, no time. Proviant muss auch noch besorgt werden. Nur soviel: Der nächste Stopp wird Helgoland sein! Hallo Deutschland!
Buen dia von den Azoren! Den ersten Teil vom Nordatlantik haben wir geschafft und haben sicher im Hafen von Horta angelegt - kurz bevor uns ein heftiger Sturm das Leben hätte ungemütlich machen können. Puh! Ein bisschen stürmisch war es aber auch mal zwei Tage, da sind die Wellen schon ganz schön heftig über uns hergeschlagen, so sehr, dass ich eines Morgens von Wassertropfen in meiner Koje geweckt wurde. Da habe ich nicht schlecht aus meinen verschlafenen Augen geschaut, als Wasser aus der Deckenlampe tropfte! Aber es war halb so schlimm, unser Lüftungsschacht war einfach nicht geschlossen worden, und Wasser sucht sich ja bekanntlich seine Wege. Inzwischen ist alles wieder trocken und ich schlafe weiterhin ohne Bedenken in unserer Lehrerkammer.
Auf den Azoren sind wir nun, somit wieder in Europa und bezahlen mit Euros, denn die entlegenen neun Inseln gehören zu Portugal. Um mich herum sprechen die Leute also portugiesisch, was sich für mich wie eine Mischung aus Spanisch, Holländisch und Russisch anhört, ganz schön. So richtig viel kann ich zu Horta leider gar nicht sagen, denn gestern waren wir die meiste Zeit des Tages im Supermarkt, um für die letzten drei Wochen den Proviant zu kaufen. Zehn Einkaufswagen haben wir gefüllt und waren die Attraktion des Tages in dem Laden. Dann wollten wir heute eigentlich in eine alte Walfabrik, um etwas über die Walfangmethoden der vergangenen Tage zu erfahren, aber sie war geschlossen. Die Menschen hier haben sich für lange Zeit ihr Geld mit dem Töten von Walen verdient. Seit 1973 aber nicht mehr, dennoch spielt das Meer immer noch eine große Rolle. Alle Atlantiküberquerer scheinen hier halt zu machen...und bringen natürlich Geld. Aber nicht nur das, sie verschönern auch die laaaange Pier mit bunten Bildern, Graffitis oder eingeschweißten T-Shirts. Kreativ und abwechslungsreich. Dann gibt es hier noch viele Kühe, frische Milch und Vulkane. Aber davon haben wir nichts gesehen. Also, richtig kenne ich die Insel Failal nicht, und Zeit für mehr Erkundungen habe ich nicht, denn morgen geht es weiter Richtung Cornwall/England - wenn die Winde mitspielen. Das soll es für heute erst einmal gewesen. Liebe Grüße an dich von unterwegs!
Bermuda Shorts - das fällt einem zu den Bermudas ein. Oder: Das Bermuda-Dreieck. Korallenriffe, die könnten einem auch noch in den Kopf kommen. Viel mehr konnte ich mir zuvor nicht von der Insel vorstellen. Aber ich habe keine Männer mit Kniestrümpfen und besagten Bermuda-Shorts gesehen (höchstwahrscheinlich war es einfach zu kalt), durch das Bermuda-Dreieck sind wir gefahren und sind nicht von der Landkarte verschwunden, und Korallen habe ich auch nicht gesehen (wie gesagt, es war sehr kalt und stürmisch in den letzten Tagen). Mhm, was habe ich also gesehen? Rosafarbene Busse, passend zu den knallbunten Häusern. Es ist so, als wenn man eine Bobondose aufmachen würde - erdbeerfarbene Bobonhäuser oder apfelfarbene oder bananenfarbene. Quietschig und sehr heimelig. Britisch eben. Das Oberhaupt der Insel(chen) ist immer noch die Queen, die Entscheidungen in der Politik werden aber hier im Parlament getroffen. So hat es uns der Bürgermeister von St. George Town erklärt. Die Autos fahren auf der linken Spur und in der Flagge von den Bermudas ist links oben der Union Jack (die Flagge Großbritanniens) zusehen. Ein Wappen schmückt die Flagge auch - zu sehen ist ein sinkenden Schiff! Das geht zurück auf die Gründung der Kolonie. Ein Spanier namens Bermuda hat die Insel enteckt, aber da es keine Schätze auf der Insel gab, links liegen lassen. Was soll eine europäische Großmacht mit einem unbrauchbaren Stück Land mitten im großen Atlantik? Ungefähr ein Jahrhundert später strandete dann eine Schiff an den gefährlichen Küsten von Bermuda auf dem Weg in die englische Kolonie nach Nordamerika. Zwei Männer sind dann gleich auf den Bermudas geblieben und drei Jahre später 1612 wurde der Flecken von der britischen Krone in Besitz genommen. Vielleicht konnte man es ja strategisch nutzen!? Und seitdem spricht man hier englisch. Ach, ich vergaß, vorher waren auf der Insel keine andere Menschen wohnhaft, nur Wälder von Zedern. Die gibt es inzwischen nicht mehr, weil die Bermudianer aus diesen dann Schiffe gebaut haben. Gelebt haben die Menschen seit der Besiedlung hauptsächlich vom Handel, denn es ist ja auf dem Weg von Europa ein guter Zwischenstopp entweder nach Kanada, in die USA oder nach Mittelamerika. Und jetzt lebt die Insel hauptsächlich vom Tourismus...und vielleicht auch von anderen dunkleren Geschäften... Wir haben hier in St. George Town vor Anker gelegen, die erste Besiedlung und mir scheint, dass fast jedes Häuschen hier eine Geschichte zu erzählen hätte. Die sehr, sehr und noch einmal sehr freundlichen Bemrudianer erzählen auch gerne von ihrer Geschichte und ihrem Leben und gerne würde ich mich noch mehr mit ihnen unterhalten, aber es geht in wenigen Stunden ja schon wieder los. Leider versäumen wir dadurch auch den Kite Day - morgen werden Drachen mit langen surrenden Bändern steigen gelassen! Die ganze Insel bereitet sich darauf vor, aber wir werden den Wind schon wieder auf dem Meer um die Nase haben. Das zweite Mal geht es über den großen Teich, diesmal über den Nordatlantik, der viel stürmischer werden wird als der "andere" Atlantik weiter im Süden. Naja, dem müssen wir uns jetzt stellen und wenn wir auf den Azoren ankommen, dann schauen wir mal, ob es ein Hoch oder ein Tief gibt! Aber davon in zwei Wochen mehr! Jetzt wünsche ich dir noch FROHE OSTERN! Ich freue mich über Ostern!
Eigentlich hatte ich nicht geplant mal auf die Bahamas zu fahren, aber jetzt bin ich hier und gestern habe ich sogar dem Prime Minister des Landes die Hand geschüttelt. (Der Premierminister wäre bei uns Angela Merkel als Bundeskanzlerin.) Und so kam es dazu: Dieses Jahr feiern die Bahamas 40 Jahre Unabhängigkeit und gestern war ein Dankgottesdienst, der den Startschuss zu allen Feierlichkeiten bis zum 10. Juli 2013 gab. Und da waren viele Politiker dabei, unter anderem eben der Prime Minister. Der Gottesdienst bestand aus Gospel Lobpreismusik geleitet von einer Schwarzen mit einer Wahnsinnsstimme, Tanzeinlagen, Bibelversen, Singen, kleinen Ansprachen und einer Predigt, bei der wir nach 45 Minuten gegangen sind, weil wir uns nicht mehr anbrüllen lassen wollten. Ich habe ja schon viele Predigten gehört, aber das war der Hammer an Lautstärke. Zwischendurch hat er auch mit Unterstützung der Orgel gesungen.
Da wir noch auf unser Taxi warten mussten, waren wir noch da, als das Staatsoberhaupt aus der Kirche kam und Queenie, die Taxifahrerin die uns immer fährt und die mir von dem Gottesdienst erzählt hatte, hat das Handschütteln organisiert. Eine Taxifahrerin mit Verbindungen zum Staatsoberhaupt sozusagen, krass. Cool waren im Gottesdienst übrigens die Hüte vieler Frauen, man waren die aufgeschnickst, da war ich mit meinen Flipflops und Treckingrock doch etwas underdressed - aber immerhin sauber! Das Land feiert also Unabhängigkeit und wir konnten etwas dabei sein, das finde ich prima. Ansonsten habe ich von den Bahamas nicht viel gesehen, es besteht immerhin aus mehr als 700 Inseln. Grand Bahama, wo wir sind, erscheint ziemlich karg, nichts Dschungelartiges oder so, sondern dünn bepflanzte Kiefernwälder. Aber 2004 hat das Land auch zwei Hurrikans erlitten, die viel verwüstet haben. Die Menschen auf Grand Bahama leben entweder vom Tourismus (viele Kreuzfahrtschiffe legen hier an und Mengen von US-Amerikanern machen hier Urlaub, da die USA ja sehr nahe liegt, wie du auf der Karte sehen kannst) oder die Menschen verdienen ihr Geld mit dem Freihafen, in dem wir auch gearde liegen. Freihafen bedeutet im groben, dass man keine Steuern bezahlen muss und die Gebühren zum "Parken" geringer sind als woanders. Also, kurz gesagt, es haut mich hier nicht wirklich vom Hocker, aber ich habe auch nur Freeport gesegehen. Die Menschen sind hier sehr freundlich, nennen sich gegenseitig "Sweetie" oder "Darling". Das ist hier völlig normal, in Deutschland wäre das ja etwas seltsam, wenn dich die Busfahrerin auf einmal "Schätzchen" nennen würde. Wir liegen hier vier Tage, weil wir Proviant einkaufen müssen. Das tut dem Geldbeutel etwas weh, denn die Preise sind echt hoch: 400 g einfaches Müesli 4 Euro, 750 g Nuttella 10 Euro. Die Menschen hier bezahlen hier nicht mit Euro, logisch, sondern haben den Bahamian Dollar. Außerdem werden heute unsere Kühlschränke repariert, die waren nämlich drei Wochenen kaputt. Tolle Wurst. Wenn alles klappt, geht es heute noch weiter Richtung Bermuda.Der Text ist etwas zusammen gestückelt, aber, puh, die Zeit ist knapp. Ich hoffe, auf Bermuda habe ich etwas mehr Zeit. Bis denne.
In Kuba haben wir soviel erlebt, das kann ich gar nicht alles aufschreiben. Außerdem kreisen mir hunderte von Fragen im Kopf herum - es ist so ein widersprüchliches Land. Die Menschen sind total freundlich und herzlich. In der Hauptstadt La Habana habe ich eine Frau gegrüßt, die aus ihrer Haustür lukte. Eine Minute später saß ich bei ihr im Wohnzimmer und sie erzählte mir aus ihrem Leben. Dann kam noch ihre Mutter dazu, dann eine Freundin, dann noch ein Gast... über eine Stunde saßen wir dort zusammen. Das war toll. Ich merkte immer wieder, wie stolz die Kubaner auf ihr Land sind - auf die weißen Strände und bunten Städte, ihre Musik und ihr Tanzen, ihre Zigarren und ihren Rum. Oft sieht man Lebensfeude pur! Das ist die Schokoladenseite. Dann herrscht in dem Land aber auch Armut und ein großes Warten auf eine Verbesserung der Lebenssituation. Zum Beispiel, die Situation der Krankenhäuser anschaut. Für jeden Kubaner gibt es eine Grundversorgung, wenn er krank werden sollte. Der Arztbesuch kostet nichts und die Medikamente sind spottbillig. Auch für Touristen. Aber die Ausrüstung der Ärzte ist mies. Mit zehn Jugendlichen mussten wir einmal ins Krankenhaus wegen heftigstem Husten, der wochenlang nicht weggehen wollte. Die Behandlungszimmer waren ganz, wirklich ganz einfach eingerichtet und ausgerüstet. Die Untersuchung war gründlich und wir wurden mit Medikamenten "zugedeckt". Auf die Toilette wollten wir aber nicht gehen - kein fließendes Wasser, kein Toilettenpapier, ein beißender Geruch, schmutzige Handtücher. Krass. Oder die Hauptstadt La Habana. Es ist wirklich die schönste Stadt, die ich je gesehen habe. Am Wasser gelegen, so wunder-, wunderschöne alte Häuser, alte Prachtstraßen - aber fast alles total verfallen. Wie auch die coolen Ami-Schlitten aus dem letzten Jahrhundert. Dieser Verfall tut schon weh. Die Ami-Schlitten deuten auf eine Zeit hin, als viele US-Amerikaner auf Kuba gelebt und das Land ausgebeutet haben. Die USA liegt ja ganz nah an Kuba. In einer sagenhaften Revolution haben die Kubaner die Macht der USA in ihrem Land gebrochen, ihren Diktator vertrieben und den eigenen Staat geschaffen. Viele mutige Männer und Frauen waren daran beteiligt, aber zwei Männer werden besonders angebetet: Ché Guevara (schon lange tot) und Fidel Castro (heute ganz alt, aber immer noch der beliebteste Politiker). Überall im Land sind Bilder von ihnen zu sehen oder Sprüche zu lesen. Die Kubaner entschieden sich nach der Revolution für einen sozialistischen Staat, das heißt alle Fabriken, Firmen, Bauernhöfe - einfach alles, womit man Geld machen konnte, gehört dem Staat und somit dem Volk. So zumindest die Idee. Langfristig hat das nicht funktioniert. Erschwert wurde es aber auch durch die USA, die versuchten Kuba von wichtigen Quellen abzuschneiden. Das nennt man Wirtschatsembargo, also sie selber haben keine Tauschgeschäfte mit Kuba betrieben und ihren Verbündeten haben sie es auch verboten. Das war im letzten Jahrhundert alles sehr kompliziert, fast wäre es auch zu einem Atomkrieg gekommen. Ja, und heute erlebt man noch die Spuren von dieser Zeit. Die Schüler und Schülerinnen machen in ihrer Schulzeit eine Art militärische Grundausbildung, um gewappnet zu sein. Mhm, sehr befremdlich für mich. In den Schulen wird immer wieder auf die Revolution und die Schlechtigkeit der USA hingewiesen. Schon in den Ausmalbüchern für Kleinkinder geht es um die Revolution und die Nationalhelden. Ja, da steckt eine ganz eigene Geschichte dahinter. Diese Auseinandersetzung mit der Geschicte hat uns alle während unserer Zeit auf Kuba sehr beschäftigt. Es war die intensivste Auseinandersetzung mit einem Land auf unserer Reise. Unserem Reiseführer (der selbst als Kind die Revolution erlebt hat) habe ich Löcher in den Bauch gefragt.
...denn dann hätte ich die Maya Ruinen in Copán nicht mehr gesehen. (Wenn man sie in seinem Leben nicht sieht, hat dies natürlich keine dramatische Auswirkungen;) Der Maya Kalender kann also nicht das Ende der Welt vorhersagen, das kann meiner Meinung nach auch keiner.
Vor Zwei Tagen sind wir nach einer zwölfstündigen Fahrt mit Fähre und Bus in Copán Ruinas in den Bergen von Honduras angekommen. Naja, von dem gestrigen Tag kann ich gar nicht so viel berichten, denn da lag ich mit einer Magenverstimmung im Bett und war nur froh, dass die Toilette gleich nebenan war! So kann es eben gehen. Dafür bin ich heute zu den Ruinen gegangen. Wer waren die Mayas eigentlich? Nachkommen der Mayas leben noch heute im nördlichen Teil von Zentralamerika, aber die Blütezeit (d.h., die Zeit in der sie kriegerisch mächtig waren und eine starke Kultur auslebten) war vor über tausend Jahren. In Honduras, Guatemala, Mexiko und El Salvador hatten sie große Städte und politische und religiöse Zentren, so eben auch in Copán. Die Archäologen (die Wissenschaftler, die die Ausgrabungen begleiten und auswerten) gehen davon aus, dass in Copán bis zu 20.000 Menschen gelebt haben. Das ist schon eine Masse, die ja mit allen grundsätzlichen Dingen des Lebens versorgt werden muss, wie Wasser, Nahrung und Kleidung. Die „normalen“ Mayas haben in den Bergen um Copán herum gelebt, nahe bei den Tempelanlagen und großen Plätzen für Versammlungen und Ballspiele lebten die Adeligen und die Königsfamilie. Und in Copán gab es eine sehr erfolgreiche Königsfamilie, die 16 Könige hervorbrachte. Einer davon ist bis heute berühmt, er soll über 40 Jahre regiert haben. Die Wissenschaftler haben ihm den witzigen Spitznamen „Achtzehn Hasen“ gegeben, da in seinem Symbol die Zahl 18 und ein Hase zu sehen sind. In jeder Stele (eine hohe Steinskulptur mit eingemeißelten Inschriften und Figuren) wird „Achtzehn Hasen“ erwähnt, er sollte so für das Volk allgegenwärtig sein. Neben diesen Steinsäulen (hier in Copán sollen die feinsten aus der Maya-Welt stehen) sieht man auf dem Gebiet verschiedene Tempel und einen Platz für ein bestimmtes Ballspiel. Man kennt die Regeln dieses Spiels nicht mehr genau, vermutet wird aber Folgendes: Die Spieler waren Gefangene, die mit ihren Schultern, Hüften oder Knien einen Ball kicken mussten. Und zwar so, dass sie steinerne Vogelköpfe trafen, die aus einer Mauer hervor guckten. Sehr schwer. Wer verlor, wurde einem Gott geopfert. Ja, es gab Menschen- und Tieropfer in der Maya-Welt. Eine große Frage ist natürlich, warum eine so mächtige Kultur untergegangen ist. Auch da gibt es wieder verschiedene Theorien (Konstrukte von Gedanken, die nicht bewiesen werden können). Eine besagt, dass es Dürreperioden gab und es an Wasser mangelte. Hinzukam, dass man alles aus dem Boden geholt hatte, was ging und irgendwann der Boden nicht mehr konnte, und die Ernten auch deswegen mager ausfielen. Folge: Die Leute hatten nicht mehr genug zu essen. Die Augen richteten sich in solchen Momenten auf den König, denn der sollte nicht nur ein Mensch, sondern auch gleichzeitig ein Gott sein. Und Götter sollen ja allmächtig sein. Aber der Gottkönig konnte nichts machen, und auch die Menschenopfer haben nichts gebracht. Vom König enttäuscht, vom Hunger getrieben kam es zu einer Revolution und das Reich brach auseinander. Das vermutet eben eine Theorie.
Bueno, wie zu den Korallen gibt es auch zu den Mayas noch vieles zu erkunden - da warten noch viele Forscherstunden zuhause auf mich! Das war es erst einmal aus Honduras, denn bei uns geht es morgen schon wieder weiter. Zurück auf die Johnny und auf nach Kuba!
Hier auf der Insel Utila dreht sich ALLES ums Tauchen. Eine Tauchschule reiht sich an die nächste wie Perlen an einer Kette - und das ist nicht übertrieben! Außerdem gibt es hier massenhaft Sandfliegen, die mich gerade ärgern, grrr. Aber - sobald man aus seiner Tauchweste die Luft herauslässt, sinkt man in eine sandfliegenfreie und fischreiche Zone! ;) Und was für Fische man dort sehen kann - von ganz schwarzen, über blau-gelb gestreifte, blau-metallisch glänzende, knallrote, weiße mit einem großen schwarzen Punkt kurz vor der Schwanzflosse...und heute habe ich sogar einen Skorpionfisch gesehen! Der sieht ganz schön gruselig aus: ein breites Maul, überall rötlich-grau-braune Zacken und Zotteln, und giftig ist er auch noch. Man sieht ihn nicht oft wegen seiner guten Tarnung, aber ich habe mir gerade das Riff mit seinen Korallen und Schwämmen genauer angeschaut, und da kam er raus aus einer Höhle, guckte mich grimmig an und schwamm gleich wieder in seinen Unterschlupf. UAAAAH! Ich weiß nicht, ob du genau weißt, was ein Riff ist. Ich versuche es mal in Kurzform zu erklären, denn über dieses System gibt es viele dicke Bücher, weil es so erstaunlich und vielschichtig ist. Ein Korallenriff kann entstehen, wenn die Wassertemperatur das ganze Jahr über nie unter 20 Grad Celsius sinkt. (Die Nord- oder Ostsee eignen sich also leider nicht.) Korallen brauchen außerdem klares, sauberes Wasser und viel Licht. So ein kleiner Korallenpolyp siedelt als Larve z.B. auf einem Felsen im Wasser und wächst dann möglichst nahe an der Oberfläche. Andere Polypen kommen dazu. Jeder Polyp scheidet Kalk aus und dieser Kalk konstruiert dann ganz wundersame Figuren unter Wasser und wächst - aber ganz langsam, einen Zentimeter pro Jahr! Es können Fächer entstehen (meine Favoriten, vor allem wenn sie violett sind), Verästelungen, blumenartige Korallen oder die sogenannten Hirnkorallen (die sehen wirklich so aus wie Mega-Hirne). Auch in den Farben unterscheiden sich die Korallen und gerade wenn die Sonne scheint und man noch nicht so tief im Wasser ist, taucht man durch eine sehr bunte Welt. Je tiefer man taucht desto weniger Farben gibt es zu sehen, bis es dann ganz schwarz wird. Heute waren wir 30 Meter tief und sind an einem Wrack entlang geschwommen, und da war es schon ganz schön dunkel. Oh, ich habe noch nicht die Schwämme erwähnt, die wie Röhren hoch wachsen oder riesige Kelche werden, so groß wie Posaunen - naja, unter Wasser sieht natürlich alles größer aus als die Wirklichkeit. (Kannst du gut sehen, wenn du z.B. einen Stift halb in ein Wasserglas steckst.)
Die letzten Tage bin ich durch dieses "Riesen-Aquarium" mit Sauerstoffflasche, Weste, Maske und Flossen geglitten und bin aus dem Staunen nicht heraus gekommen. Es ist so faszinierend. Mit den Schülern zusammen habe ich zwei Kurse gemacht, um erst einmal zu lernen, wie man sich sicher unter Wasser verhält. Da muss man schon auf Einiges achten, aber nach einigen Tauchgängen fühle ich mich recht sicher - natürlich nur wenn mein Buddy und Tauchlehrer in der Nähe sind!;) Über Wasser ist Utila - neben den Sandfliegen - ein ruhiges Fleckchen, auch wenn es voll mit Tauchtouristen ist. Die Insel gehört übrigens zu Honduras. Aber irgendwie fühlt es sich nicht wie Zentralamerika an, denn die meisten Menschen sprechen hier Englisch oder eine Mischsprache, weil die Insel lange Zeit zu Großbritannien gehörte. Aber das Wetter ist natürlich karibisch, wenn es auch zurzeit kühl ist und es regnet. Aber immerhin erleben wir keinen Sturm oder Hurrikan!
Freunde, Märkte mit tropischen Früchten, Strände mit Palmen, hohe und farbige Bäume, große und kleine Tiere, altbekannte Straßen, Gallo Pinto mit Patacones, herzliche Menschen, Berge und Vulkane... das und vieles mehr werde ich morgen verlassen, und ich bin ein bisschen traurig. Nach drei Wochen Costa Rica werden wir morgen von Puerto Limón aus Richtung Honduras in See stechen, und noch kann ich es mir gar nicht so richtig vorstellen.
Eine Woche hatte ich jetzt Urlaub und habe Freunde und Orte besucht, die ich in der Zeit von 2006 bis 2009 lieb gewonnen habe. Damals habe ich in der Hauptstadt San José gelebt und dort an der Deutschen Schule gearbeitet. Hast du richtig gute Freunde, die nicht mehr in deiner Nähe wohnen, weil du oder sie weggezogen sind? Bei mir sind das einige und wenn ich sie dann wiedersehe, dann hüpft mein Herz vor Freude. In San José hüpfte es oft in meiner Brust! :) Mit einer Freundin und ihren Kindern bin ich um Strand gefahren, wir haben dort auf dem Badetuch abgelegen und sind mit einem Boogy-Board hinter einer Meeresschildkröte hergeschwommenn, die kein Interesse an einer Bekanntschaft mit uns hatte - dabei haben wir sie mit den schönsten Namen anzulocken versucht. Mit Marta (einer anderen Freundin) bin ich dann zu Thermalquellen mitten im dschungeligen Wald gefahren. Bei 47°C habe ich mich kochen lassen, um mich dann im eiskalten Bach wieder abzukühlen. Über mir ein Blätterdach durch den einmal ein kornblumenblauer Morpho-Schmetterling schwebte, wie im Märchenwald. Ich habe meinen alten Freund den Vulkan Arenal besucht, der war aber hinter einer Wolkenwand verschwunden und zum Lava-Spucken hat er im Moment sowieso keine Lust mehr. Dann waren Marta und ich auf Vogelsuche im Nationalpark Carara - ganz oben sahen wir die bunten Aras. Die Fledermäuse klebten etwas weiter unten an den Baumstämmen. Und in San José, der Hauptstadt von Costa Rica, bin ich von einem Abendessen zum nächsten Kaffeeklatsch gefahren. Socialising wird das auf Englisch genannt, und das mache ich sehr gerne. ;)
Ach ja, und das ist jetzt leider alles vorbei. Aber was bleibt, sind die schönen Erinnerungen ...und außerdem haben wir schon wieder die nächsten gemeinsamen Pläne geschmiedet! Aber bis dahin werde ich wohl noch einiges erleben und morgen früh geht es erst einmal weiter mit der Johnny. Die nächsten Zeilen werden in Honduras geschrieben – wenn alles klappt in einer Woche. Hasta luego!
Gleich stelle ich euch mal wieder ein Bild von meinem Schreibplatz auf die Seite - der ist wieder so schön. Ab und zu kommt der kleine Santiago (vier Jahre) vorbei und schnaubt herum, weil er ja eigentlich ein Pferd ist. Eine Henne stakst mit ihren vier Küken durch das Gras, Schmetterlinge tanzen durch die Luft und eben wurde mir eine Papaya serviert! Oh man, ist das herrlich! Obwohl hier ich gar nicht bei meiner Gastfamilie sitze, sind die Leute total gastfreundlich zu mir. Meine Gastgeber sind auch sehr, sehr nett, aber dort gibt es keinen Platz im Grünen, wo ich schreiben könnte.
Longo Mai, da bin ich jetzt. Es ist ein Dorf, das in einem weitläufigen Tal liegt. Durch das Örtchen führt eine Schotterpiste, auf der tausendmal mehr Menschen, Hunde und Pferde laufen als Autos fahren. Prima, man kann einfach so auf die "Hauptstraße" laufen. Auf mich wirkt Longo Mai wie ein riesiger und bunter Garten, in dem verstreut Häuschen stehen. Jeder kennt hier jeden und viele Einwohner sind auch miteinander verwandt. In meiner Gastfamilie schauen immer wieder Leute vorbei, die mir als primo (Cousin), prima (Cousine) oder tio (Onkel) vorgestellt werden. Longo Mai ist ein besonderes Dorf in Costa Rica, da es eine Kommune ist. Was ist das? Den Menschen, die hier leben, gehört das Land nicht. Sie haben es sozusagen für eine lange Zeit "gemietet". Die Idee ist, dass man sich alles teilt und gemeinsam über alles entscheidet. So hat es vor langer Zeit zumindest angefangen, mein Gastvater meint allerdings, heute würde das nicht mehr so richtig gut funktionieren. Einen Ort Longo Mai gibt es übrigens auch in Mecklenburg, und der ist nach demselben Prinzip entstanden. Aber hier gibt es noch etwas besonderes, denn hier leben viele Flüchtlinge aus El Salvador, einem anderen Land in Mittelamerika. Vor ungefähr dreißig Jahren hat dort ein Bürgerkrieg begonnen, der zwanzig Jahre lang gewütet hat. In dieser Zeit sind viele Salvadoreños nach Costa Rica geflohen und einige von ihnen haben sich in Longo Mai niedergelassen. Von meiner Gastmutter Katalina ist damals zum Beispiel die ganze Familie hierher gekommen. Wenn ich das Haus meiner Gastfamilie betrachte, dann sieht es für mich arm aus, denn ich komme aus dem viel reicherem Europa. Aber wenn ich mir überlege, dass die Familie bei ihrer Ankunft Nichts hatte, verstehe ich, wie zufrieden Katalina ist. Und außerdem: Was braucht man hier ein tolles Haus, wenn die Natur um einen herum schon so einmalig ist, und es das ganze Jahr warm ist?
Ahhhh, ich komme mit meinen Einträgen nicht hinterher! Vier Tage bin ich schon in La Gamba, in vier Stunden fahren wir schon wieder weg und kein Eintrag von mir. Heute morgen bin ich also um fünf Uhr aufgestanden, um wenigstens ein wenig von diesem wunderschönen Ort zu berichten. Unten ein Foto von meinem jetzigen Arbeitsplatz - mitten im Regenwald. Was du nicht hören kannst, sind die Zwitschergespräche der Vögel und die schweren Tropfen, die von den Blättern auf das Dach fallen. Gestern Abend hatten wir nämlich drei Stunden lang richtig heftigen Regen, so wie ich ihn aus der Regenzeit kenne. Man konnte sich draußen duschen! La Gamba ist ein kleiner Ort im Süden Costa Ricas, der direkt an einem Nationalpark grenzt. Seit vielen Jahren gibt es hier eine Biostation der Universität Wien, in der man als Tourist eben auch Zeit verbringen kann. Und das ist echt toll, denn schon der Garten ist urwaldmäßig und bei einer Führung haben wir viele fantastische Pflanzen gesehen und erläutert bekommen und bei einer Nachtwanderung konnten die Guides uns einige Tiere zeigen. (Aber wer hat die Schlange entdeckt? Ich, die ich Schlangen wirklich NICHT mag - und sie war giftig! Tolle Wurst.) Aber wir waren auch im richtigen Regenwald wandern, und weißt du was ich am faszinierendsten fand? Die Blattschneideameisen. Die laufen in ihren kleinen Kolonnen hier überall rum, fressen Blätter kahl und bringen sie dann in ihr Lager, wo sie dann durch Pilze zersetzt werde. Die Überreste werden dann wieder raustransportiert. Bis zu 90 Prozent ihres eigenen Gewichts haben sie beim Blatttransport auf dem Rücken und marschieren einige hundert Meter über Stock und Stein. Das sind kleine Arbeitsmaschinen. Was mich auch beeindruckte, waren die wandernden Palmen. Ja, auch die gibt es, nicht nur fliegende Fische im Atlantik! Ihre vielen Wurzeln sehen wirklich aus wie staksige Beine, mit denen sie sich in einer Wachstumssaison bis zu einen Meter fortbewegen können. Und das sind nur zwei wundersame Dinge, die ich hier so nebenbei gesehen habe. Es gibt hier so viel zu entdecken! Gestern sind wir z.B. durch einen Mangrovenwald gefahren. Mangroven sind Bäume, die im Salzwasser leben. Sie sind also so veranlagt, dass sie das Salz ausscheiden, die benötigten Nährstoffe aber behalten. Nebenbei haben wir auch noch ein paar Krokodile und Äffchen gesehen. Dann waren wir noch in einer Baumschule von der Biostation, in der Bäume gezogen werden, um wieder mehr Regenwald aufzuforsten (wachsen zu lassen). Im Pazifik schwimmen stand auf dem Programm und wir haben Fußball gegen die Einheimischen gespielt (bueno, ich nicht, aber die Jugendlichen). Volles Programm also.
Von hier geht es heute weiter nach Longo Mai zu Gastfamilien zum Spanischlernen! Bueno chicos, hasta luego!
Zurecht hat mich das jemand gefragt, denn ich wollte mich doch schon am 8. Januar 2013 melden! Endlich kommt die Antwort: Ich bin in Panamá City! Seit Dienstagnachmittag verweilen wir schon in der Hauptstadt von Panamá und haben erst einmal ausgeschlafen. Was ich sonst noch besonders genieße: Ich habe ein Einzelzimmer! Keiner über mit, keiner neben mir und ich kann meine Sachen im Raum verstreuen. Außerdem kann ich eine längere Strecke als 36 Meter in eine Richtung zurücklegen und muss mich beim Gehen nicht festhalten. Das sind doch alles tolle Sachen, oder? Knapp vier Wochen werden wir jetzt an Land sein -bis morgen noch in Panamá City und ab Sonntag in COSTA RICA! Für mich ist das besonders schön, weil ich dort drei Jahre gelebt habe und Freunde besuchen werde. Ich bin schon ganz kribbelig!
Von Panamá City habe ich noch gar nicht so viel gesehen. Am Dienstag sind meine Kollegin Tine und ich mit einem der Jugendlichen in ein Krankenhaus gefahren, da er eine ganz heftige Allergie an beiden Füßen hatte. Und wir hatten richtig viel Glück, denn als ich an der Rezeption erklärte, welches Problem wir hatten, drehte sich die Frau neben mir um und sagte: "Oh, dann müssen Sie zu mir kommen." Sie war Hautärztin, und wie es der Zufall wollte, kam einer ihrer Patienten nicht. Die Doctora konnte sich 45 Minuten Zeit für uns nehmen. Wer hat das für uns organisiert?
Mittwoch bin ich dann mit einer Gruppe von Jugendlichen zur Via España gefahren, um Elektrokrams zu kaufen: Handys, Netzkabel und für mich sollte es ein neuer Fotoapparat sein, denn meiner hatte noch vor Martinique seinen Geist aufgeben. Ich hatte einen ganz bestimmten im Kopf, den es in dem Geschäft, wo ich war, aber nicht gab. Nur einmal sollte es diese Kamera in einer anderen Filiale noch geben. No problema! Ein Angestellter ist in ein Taxi gesprungen und hat sie für mich geholt. Wieder so was Schönes!
Am Donnerstag bin ich dann mit dem fußkranken Jungen im Hostel (das ist so etwas wie eine Jugendherberge) geblieben und habe mit meiner Familie übers Internet telefoniert. Abends gab es für mich noch eine Überraschung, die mich ins Staunen versetzt hat. Bei der Abendrunde um 21 Uhr sagte eine Schülerin auf einmal: "Wiebke, ich soll dich von einer Frau aus Colón grüßen, die mich im Supermarkt angesprochen hat!" He? Ich kenne in Panamá doch niemanden? Zusammen haben wir dann herausgefunden, dass es eine Frau war, mit der ich mich kurz im Hafen auf der anderen Seite von Panamá unterhalten habe. Wie ist denn bitte solch ein Zufall möglich?
Wenn du noch Lust und Zeit hast, kannst du unten noch lesen, was ich auf dem Weg von Union Island nach Shelterbay/Colón erlebt und gesehen habe. Disfrute! Viel Spaß!
Portobelo heißt auf deutsch "Schöner Hafen". Und Kolumbus hatte recht, als er das Fleckchen Erde so nannte. Das Wasser ist türkis, Berge umranden die Bucht und sie ist geschützt - das war für die Spanier sehr wichtig, denn von Portobelo aus wurden die Unmengen an geklautem Gold aus Südamerika auf Schiffe verladen und nach Europa transportiert. Außer das Schiff ging unter oder wurde vorher von Piraten geklaut, die schon gleich vor der Bucht lauterten. Viele, viele Schätze liegen noch in den Tiefen der Karibik.
Wie die Schiffe damals sind wir in die Bucht gefahren, aber anders als damals sahen wir nur noch die Ruinen von der gigantischen Festungsanlage. Aber man kann sich die hohen und dicken Mauern noch gut vorstellen. Das große Zollhaus ist noch ganz zu sehen und die Kathedrale auch. Und wenn man nur auf die beiden Gebäude achtet, dann kann man die geschäftigen Tage von Portobelo noch "hören": Pferdegetrappel, schreiende Marktfrauen, Schwerter, die zusammen schlagen, Gebrüll von betrunkenen Seeleuten in den Gassen. Heute ist in der Stadt nicht mehr viel los und die Gebäude sind sehr verfallen. Die meisten Menschen hier haben wenig Geld, gerade so zum Leben. Die riesigen Türen der Kirche waren geöffnet und drinnen wurde ein sehr lebendiger Gottesdienst mit vielen Menschen gefeiert. Da habe ich mich eine Zeit reingesetzt. Zum Verweilen luden auch noch die alten Mauern am Wasser ein, auf denen wir picknickten. Portobelo war ein schöner Abstecher.
Nachdem wir am 25. Dezember die Anker gelichtet hatten und wir in Clifton Habour wieder ausklariert hatten (ja, man muss sich auch wieder abmelden, was aber umsonst ist), segelten wir immer weiter in die Karibik hinein. Ich hatte ganz doll gehofft, dass wir es noch nach Curacao schaffen würden. Warum? Zum einen finde ich den Namen witzig und zum anderen hätte ich gerne die Hauptstadt der Insel, Willemstadt, gesehen. Curacao gehört nämlich zu den Niederlanden, was genauso komisch ist wie die Zugehörigkeit Martiniques zu Frankreich und Willemstadt sieht aus wie eine holländische Stadt, mitten in der Karibik. Naja, trotz ganz guten Winden kam es zeitlich nicht hin.
Silvester fiel in die Zeit unserer Fahrt nach San Blas. Wir feierten bei rauer See auf dem Schiff und konnten gerade noch einem Sturmtief ausweichen. Auf das Neue Jahr anzustoßen gestaltete sich als ziemlich schwierig, es war stürmisch, aber wir schafften es ins neue Jahr! Und auch dir wünsche ich ein fröhliches, spannendes, abenteuerreiches, kuscheliges 2013!
Nur ein paar Tage erspähten wir verstreute Inseln, einige sahen ungefähr so groß aus wie große Planschbecken. Die San Blas Inseln! Wau. Alle Inseln zusammen werden ein Archipel genannt. Sie liegen vor der Küste Panamas, Kolumbien konnte ich aber auch sehen. Die Inseln sehen einfach wie eine Postkarte aus der Karibik aus: türkises Wasser, kleine Insel, weißer Sand, ein paar Palmen, die sich leicht im Wind bewegen. Zum tief Durchatmen und Schwimmen, in Hängematten Liegen und Grillen! (Alles gemacht! ;)
Das andere Besondere von San Blas sind die Bewohner der größeren Inseln: die Kunas. Dieser Volksstamm hat sich seinen eigenen Lebensstil beibehalten. Sie leben dort schon seit hunderten von Jahren und sind mit ihren kleinen Booten seht gute Seefahrer. Bei den Kunas herrscht das Matriarchat, das heißt, dass die Frauen das Sagen haben. Ganz stimmt das aber auch nicht, die Frauen verwalten zwar das Geld, in dem Ältestenrat sitzen aber nur Männer. Viele Frauen tragen noch die typische Tracht, die sehr bunt ist, und sie machen wunderschöne Molas: kleine, bestickte Wandteppiche mit Symbolen aus dem Meer oder aus der Kultur der Kunas. Ähnlich wie die Molas ist auch die Kleidung. Als die katholischen Missionare vor ungefähr fünfhundert Jahren kamen, sollten die Kunas nicht mehr nackt herumlaufen. Sie waren aber nicht einfach nur nackt, sie waren auch bemalt. Auf diese Muster ihrer Körperbemalung wollten die Kunas nicht verzichten und verzierten damit dann einfach ihre Kleidung. Pfiffig.
Eine der bewohnten Insel durften wir besuchen – El Porvenir. Die Insel ist aber so ein bisschen wie ein Freilichtmuseum. Überall werden besagte Molas oder bestickte Taschen verkauft. Frauen und vor allem Kinder laufen mit Welpen herum, damit die Touristen für einen Dollar ein Foto machen. Aber es geht nicht immer um Geld, und die Kinder haben auch einfach so mit mir gesprochen und sind vor mir herum getobt. Außerdem haben wir in der Kirche Weihnachtslieder gesungen, was mich sehr angerührt hat, und die Kinder hatten viel Spaß.
Speziell sind übrigens die Toilette auf den Inseln: auf einem Steg geht es zu den Holzthronen über dem Meer.
Heute der ist der 23. Dezember, ein Tag vor Heiligabend. Es fühlt sich nicht wie Weihnachten an, denn ich sitze hier im Sonnentop auf dem Schiff mit Blick auf den Hafen von Clifton Habour auf Union Island. Palmen, türkises Wasser, Strand. Zum Glück hängt Weihnachten nicht von Tannenbäumen, Kerzen und Kugeln ab, Jesu Geburt kann ich überall feiern. Und das mache ich morgen mit der ganzen Besatzung an einem Strand von Union Island - mit Hummer und exotischen Früchten.
Wo immer du bist - ich wünsche dir gesegnte, gemütliche, "kerzige", fröhliche, heimelige, überraschende, wunderbare Weihnachten und einen guten Start in das NEUE JAHR!
P.s. Um den 8. Januar 2013 (!) werde ich mich aus Panama wieder melden. Bis dahin werden wir durch die Karibik segeln.
Also, ich bin noch in Europa! Nicht geografisch, aber politisch. Das ist irgendwie verrückt. Die Autos haben französische Kennzeichen, die Supermarktkette ist ebenso aus Frankreich, ja, und die Menschen sprechen Französisch oder Creol, was hier eine Mischung aus Französisch, Englisch und Spanisch ist. Ansonsten ist es karibisch: Palmen, Strände, dunkelhäutige Menschen, Musik in den Straßen, Wärme.
Die Insel Martinique ist eine Vulkaninsel und der größte Lavaspucker heißt Pelée und liegt im Norden. Die Menschen hier verbinden mit ihm eine sehr traurige Geschichte, denn 1902 ist er heftigst ausgebrochen und seine Hitze, Asche und Lava haben die damalige Hauptstadt St. Pierre begraben. Von den 30.000 Einwohnern sollen nur drei überlebt haben - einer von ihnen war ein Gefangener, den die dicken Gefängnismauern schützten! Heute kann man die Zelle noch sehen und auch sonst überall in der Stadt gibt es weitere Zeugen des Ausbruchs, d.h verkohlte Mauerreste oder Gitter.
Wir haben einen Tagesausflug nach St. Pierre gemacht, und ich mochte es, durch die Straßen zu schlendern, fast immer mit Blick auf den Montagne-Pelée, der heute ganz ruhig und grün bewachsen über der Stadt thront. Wie lebt es sich wohl mit dieser ständig lauernden Gefahr im Rücken?
Fort-de-France ist heute die Hauptstadt von Martinique und dort haben wir geankert. Die mächtigen Mauern der Festung stehen immer noch am Wasser, aber nicht immer hat die französische Flagge darüber geweht. Martinique wurde von Franzosen und Engländern heiß umkämpft, Frankreich hat letztendlich das Rennen gemacht, sodass auch eine berühmte Französin von Martinique kommen konnte – Josephine, die Frau von Napoléon. Die Menschen hier sind aber nicht so gut auf sie zu sprechen, denn sie soll die Abschaffung der Sklaverei zu ihren Lebzeiten verhindert haben. Im Park La Savane steht eine Statue von ihr - der Kopf wird allerdings immer wieder abgeschlagen.
Die Menschen habe ich sonst überhaupt nicht gewalttätig erlebt, im Gegenteil! Die Boots, Bus- und Taxifahrer, mit denen ich im Kontakt war, waren total freundlich und hilfsbereit. Mit ihrer Hilfe und ohne groß zu planen, haben wir so drei schöne Tagesausflüge nach St. Pierre und an zwei Strände gemacht. An dem einen waren wir schnorcheln und haben Seesterne, Seeigel, Korallen und die unterschiedlichsten Fische gesehen. Der andere Strand war schwarz und eine wahre Freude für die Freunde der Kokosnuss. Ich glaube, die Jugendlichen haben um die 20 Stück geöffnet, ausgetrunken und das feste Fleisch verputzt.
Das sind so die Erinnerungen, die ich von Martinique mitnehmen werdn - nebem dem Großeinkauf an Lebensmitteln. Wir waren alles in allem sieben Stunden damit beschäftigt.
Nach 26 Tagen auf See kamen wir am 15. Dezember in Martinique an - ich konnte es gar nicht glauben, als wir den ersten Lichtschimmer der Karibik-Insel im Dunkeln erspähen konnten. Am nächsten Morgen lag sie dann vor uns mit ihren begrünten Vulkanen. Einmal über den Großen Teich! Willkommen in der Karibik! Fast vier Wochen hatten wir kein Land gesehen - außschließlich Wasser, Himmel, Sonne, Mond, Sterne, einzelne Vögel, Wale, Fische, eine handvoll Schiffe und natürlich uns - 24 Stunden am Tag sozusagen. Wenn sich das auch nicht so abwechslungsreich anhört, so ist die Zeit erstaunlich schnell vorüber gegangen.
Das Wetter (Erwachsene müssen ja immer über das Wetter reden;) war mal so, mal so: von totaler Flaute bis zu Windstärken von 7-8. Schlimme Stürme haben uns aber nicht erwischt, zum Glück! So konnte sogar ich ohne Übelkeit über's Schiff toben.
Was ich besonders genossen habe, waren die Nachtwachen von null bis vier Uhr morgens. Dann siehst du Sterne über Sterne, es ist ganz still bis auf den Wind in den Segeln und den Gesprächen der Wachleute. Es ist herrlich, dann auf dem Deck zu stehen und in die Nacht hinein zu steuern. In einer besonderen Nacht regnete es Sternschnuppen, Sterinschnuppen und Sternschnuppen! Ganz viele Wünsche und Gebete gingen da gen Himmel! ;)
Tagsüber war das Schiff lebendig. Es wurde gesteuert, gelernt, gekocht, sich gesonnt und auf den Segelsäcken gefletzt, per Hand die Kleidung gewaschen und an die Reling gehängt...irgendetwas zu tun, gab es eigentlich immer. Nur die Nachtwache, die versucht natürlich Schlaf nachzuholen. Ich kann es gar nicht glauben, dass das alles schon vorbei ist. Aber es liegen natürlich noch einige Wochen auf dem Wasser vor uns...
Im folgenden einige Blitzlicher vom Bordalltag:
Backschaft
Die Backschaft, d.h. der Küchendienst, beginnt eigentlich schon am Abend zuvor mit der Backschaftsübergabe. Die neuen Küchenmeister begutachten dann die Kombüse (Küche): ist alles sauber, sind genug Vorräte für's Frühstück da, welche Essensreste stehen zum Verarbeiten für den nächsten Tag im Kühlschrank? Wenn sie zufrieden sind, dann haben sie offiziell die Kombüse übernommen und sind für alles verantwortlich, und dann geht es nicht am nächsten Tag zu jammern: „Aber der Schmutz ist noch vom Vortag!“
Nach der Übergabe müssen die Köche noch den Brötchenteig ansetzen, denn jeden Morgen gibt es frische, leckere Brötchen warm aus dem Ofen. Mhm. Die Wache von vier bis acht Uhr rollt aus dem Hefeteig dann ungefähr 60 Brötchen, die morgens ab 6 Uhr nach und nach in den Ofen geschoben werden. Während die Semmeln vor sich hin backen, werden Tee und Kaffee gekocht, Wurst- und Käseplatten belegt, Brot geschnitten, der Tisch gedeckt - na, alles, was man so zum Frühstück machen muss, nur eben für 37 Leute! Und nach dem Frühstück geht’s ans Abdecken und Abwaschen. Eine Spülmaschine gibt es nicht.
Und dann muss schon gleich mit dem Mittagessen-Kochen angefangen werden. Spätestens am Tag zuvor wird entschieden was gekocht wird, damit das Fleisch schon aus den Gefrierschränken geholt werden kann. Das Wichtigste beim Kochen ist eben das Zeitmanagement. Gib's Kartoffeln, müssen die als erstes geschält werden, ein Braten muss auch gleich in die Röhre, das Nudelwasser muss pünktlich kochen, damit die aufziehende Wache um 11:30 Uhr auch weiche Nudeln bekommt. Meistens werden noch ein Kuchen und drei Brote nebenher gebacken. Das klappt inzwischen richtig gut. Die richtigen Mengen zu kochen, war zu Anfang auch nicht leicht. Jetzt weiß aber jeder, wie voll der Topf für die ganze Mannschaft mit Kartoffeln gefüllt werden muss.
Und dann kommt die immer wiederkehrende Abfolge: Auftischen, abtischen, und awaschen. Kurze Pause bis 15 Uhr, dann das Kaffeetrinken um 16 Uhr: auftischen, abtischen, abwischen- und waschen. Wieder ein Päuschen bis 17:45 Uhr - Abendbrot: auftischen, abtischen und abwaschen. Und zum Schluss die ersehnte Backschaftsübergabe. Geschafft.
Für die meisten ist der Backschaftstag der anstrengendste Tag. Nicht nur, dass man den ganzen Tag in der Kombüse steht, nein, das auch noch bei Wellengang! Wenn eine Welle so richtig von der Seite kommt, da braucht man alle Hände zum Sichern! Am besten ist es natürlich, wenn man schon vorher alles so hingestellt hat, dass nichts herunter fliegen kann...die ein oder andere Tasse hat es aber so schon zerlegt.
Und damit ihr seht, was in der Kombüse gezaubert wird, ein kleiner Menuplan:
So, 25. November: Schweinebraten mit Kartoffeln, die mit salzigem Atlantikwasser gekocht wurden, Krautsalat, Rotkohl, Schokopudding mit Sahnehäubchen und Schokostreusel, Zimtknoten
Mo, 26. November: Kartoffelgratin mit Erbsen, frische Äpfel, angebratenes Fleisch vom Vortag, Fantakuchen
Di, 27. November: Pancakes zum Frühstück, Lasagne, Nudeln mit Tomatensoße, Milchreis mit Apfelmus, Zimt und Zucker
Mi, 28. November: Labskausvariante: Kartoffelbrei mit Corned Beef, Rote Beete, Fisch und wer wollte Meerwasserkartoffeln, Vanillepudding mit Caramelsoße, Kirschstreuselkuchen,
Do, 29. November: Spätzle mit Braten und Soße, Pfirsich zum Nachtisch, Zopf mit Marmelade
Fr. 30. November: Geschnetzeltes, Kartoffelbrei, grüne Bohnen, Schokokuchen
Na, Hunger bekommen?
Besuch an Bord
Ein gar neugieriger Reiher war letzte Woche zu Besuch an Board. Auf einmal kam er angeflogen und stakste dann eine gute Stunde übers Deck, Kopf zwischen die Schultern gezogen, von achtern nach vorne und wieder zurück. Dabei steckte er seinen Schnabel äußerst neugierig in alle möglichen Löcher. Besonders hatte es ihm ein Abfluss mit vielen Löchern angetan – Schnabel rein und wieder raus und wieder rein! Von uns Zweibeinern ließ er sich gar nicht beeindrucken. Eva zupfte er sogar ihre Federmappe weg!
Aber der Reiher war nicht der einzige Gast an Bord. Ein Madeira Wellenreiter schaute auch für einen Tag vorbei, unfreiwillig, denn er ist wohl auf seinem Weg nach Afrika gegen einen Masten der Johnny geflogen. Am nächsten Morgen wurde für ihn dann ein Nest aus einem Karton gebaut, und wir haben versucht, ihn mit einem kleinen Stück frischen Fisch zu füttern. Neugierig haben wir ihn beobachtet. Sein Schnabel war besonders interessant, der hatte nämlich noch eine Extra-Öffnung - sozusagen auf seinem Rücken - um überflüssiges Salz auszuscheiden. Gegessen hat der Vielflieger nichts, aber er musste sich wohl nur ausruhen, denn irgendwann hatte er die Kraft weg zu fliegen. Ein kleiner Vogel mitten auf dem Atlantik auf seinem Weg nach Afrika!
Und dann kommen immer wieder Fische an Bord geflogen. Ja, es gibt Fische, die fliegen können! Unglaublich, was? Sie sind selten größer als 30 cm und haben an den Seiten flügelähnliche Flossen, mit denen sie gut durchs Wasser, aber eben auch durch die Luft gleiten können. Mit einem Sprung stoßen sie sich aus dem Wasser und können dann bis zu 30 Sekunden über das Wasser gleiten, bis zu 1,50m hoch und 400m weit. Höchstwahrscheinlich fliehen die Fische so Feinden im Wasser! Aber bei uns an Bord ergeht es ihnen nicht besser als im Maul eines anderen Fisches. Entweder landen sie im Gefrierschrank, um irgendwann auf unseren Tellern zu liegen, oder sie werden seziert, was mir echt Spaß macht (wenn ich das mal so schreiben darf). Ich hatte mich vorher noch nie so intensiv mit dem Innenleben eines Fisches beschäftigt. Es war spannend zu sehen, was so alles in einem kleinen Fisch steckt, wobei es nicht so leicht war, alles zu bestimmen. Herz? Galle? Niere? Was ist was? Da konnte uns aber eine Abbildung in einem Biobuch und der Bordarzt helfen!
Der Nikolaustag fing an, wie es sich „gehört“ - mit kleinen Süßigkeiten im Schuh! Immer wenn der Nikolaus vorbei gekommen ist, weiß ich, dass ich Geburtstag habe - auf dem Atlantik das einundvierzigste Mal. Zum Frühstück bekam ich eine selbstgemachte Krone, wie jedes andere Geburtstagskind hier auf der Johnny auch. Bei mir war sie gelb und mit vielen Sehenswürdigkeiten drauf gemalt, weil ich so gerne reise. Die Backschaft überreichte mir außerdem leckere Muffins mit einer Schokofüllung, mhm. Und dann haben mir alle in der Messe ein Ständchen gesungen, dass mich sehr angerührt hat, mit Gänsehaut, Tränen in den Augen und so. Das hätte mir an Besonderheit für den Tag eigentlich schon gereicht, aber viele wunderschöne Dinge lagen noch vor mir.
Wir hatten strahlenden Sonnen, fast 30 °C und eine Flaute . Der Atlantik sah so aus, als hätte jemand eine Klarsichtfolie darüber gezogen: bis auf die langen Wellen war er glatt. Eine gute Zeit, um das Planschbecken aus Planen, Schnüren und Meereswasser aufzubauen, das erste Mal auf dieser Reise. Und es war kein Fuzzie-Planschbecken, sondern richtig groß für bis zu 12 Leute...aber das war auch das Äußerste. Es war herrlich, darin eine Abkühlung zu erhalten. Aber es kam noch besser! Denn unser Kapitän Norbert erlaubte uns, im Atlantik zu schwimmen. Stell dir vor: 1000 Seemeilen gen Osten und Westen und noch mehr gen Norden und Süden und dann fast 4000 Meter Wasser unter dir! Der Sprung in das Wasser war fulminant. Platsch, willkommen mitten im Atlantik! Schwimmen, Untertauchen, Sich Treibenlassen. Wir konnten unser Glück nicht fassen. „Fantastisch!“ „Unglaublich!“ „Boa, ist das geil!“ Das war auf alle Fälle eines der großen Erlebnisse auf der Reise!
Und dann kam sogar noch ein Bonbon am Abend: Mia stand vorn an der Reling, betrachtete den Sonnenuntergag und sagte aus tiefster Seele: „Jetzt müssten hier Delfine vorbei schwimmen.“ Und ohne Witz, im nächsten Moment tauchten fünf oder sechs Schweinswale auf, die Delfinen sehr ähnlich sind. Haben wir gejubelt!
Abends, als ich in der Koje lag, war ich glücklich und dankbar! Das war ein wunderbarer Start ins neue Lebensjahr.
Unterricht an Bord
De größte Unterschied zur Schule zuhause ist wohl, dass unser Klassenzimmer immer schaukelt. Mal weniger, so dass nichts von den Tischen fliegt, und ich ganz ruhig stehen kann. Mal stärker, sodass man seinen Heften, Büchern und Stiften hinter her hechten muss, und ich von einem Bein auf das andere hüpfe und mich schnell festhalten muss. Alles sehr bewegt!
Außerdem steht im „Klassenzimmer“ ein Kühlschrank - manchmal die letzte Rettung an einem ganz heißen Tag. Nichts schöneres als eine kalte Wasserflasche an der Stirn. Und dann kommt immer mal wieder die Backschaft rauf (zur Kombüse geht es ein paar Treppenstufen runter), um aus den Backskisten etwas zu holen (das sind die Kisten unter den Bänken). „'Tschudigung. Ich brauche dringend vier Kilo Mehl zum Brotbacken!“ Das stört schon gar nicht mehr.
Die Tafel hängt vor dem Geschirrschrank in der Messe und muss nach dem Unterricht immer abgenommen werden, die Backschaft will ja an die Teller und Schüsseln ran. Eine Schulstunde ist sechzig Minuten lang und wir vier Lehrer unterrichten Mathe, Physik, Bio, Erdkunde, Geschichte, Englisch und Spanisch. Meine Fächer sind die letzten drei, wobei ich in Spanisch nur einspringe, wenn Not am Lehrer ist! Ja, und wie das in jeder Schule ist, hat jeder seinen eigenen Unterrichtsstil. In den letzten Wochen war das Zeitalter der Entdecker das Thema im Geschichtsunterricht – wenn man selber auf einem Segelschiff ist und Richtung Karibik fährt, kann man sich das Leben damals viel besser vorstellen. Wir fahren ja fast auf der gleichen Route wie Columbus, der wie wir die Passatwinde nutze – allerdings ohne es zu wissen.
Wir „machen“ das Wetter natürlich nicht, aber die Jugendlichen beobachten es ganz genau, tippen ihre Beobachtungen in den Computer und per Mausklick geht es dann über einen Satelliten nach Hamburg zum Deutschen Wetterdienst. Der kriegt auch von anderen Schiffen Daten zugesendet und verarbeiten sie dann zu einer Wettervorhersage für das Gebiet, in dem wir uns gerade befinden. Das ist schon cool!
Die folgenden Daten müssen eingegeben werden: Die Wassertemperatur, die Lufttemperatur (trocken und feucht), der Luftdruck und wie er sich in den vergangenen drei Stunden entwickelt hat, die Höhe und Form der Wolken, ihr Untergrenze und die Gesamtbedeckung, die Sichtweite, die Windstärke- und richtung, Position, Kurs und Geschwindigkeit. Das ist einiges, was man bedenken muss. Einiges kann man ja auch ganz einfach ablesen, wie ein Thermostat. Aber die Höhe der Wolken abzuschätzen und was für eine Wolke das genau ist - das muss man trainieren.
Erst einmal: Was sind Fender überhaupt? Ein Autoreifen kann z.B. zu einem Fender werden, wenn man ein Seil dranbindet und ihn zwischen das Schiff und der Pier klemmt. So schützt er das Schiffsmaterial gegen den harten Beton der Pier, und es gibt keine Macken. (Ich glaube, das Wort kommt von dem englischen Wort defend, auf deutsch „verteidigen“.) Und dann sieht man an vielen Fischerbooten so große orangefarbene Ostereier hängen, das sind dann von Geburt an Fender. Hier an der Johnny haben wir beide Sorten und jedes Mal, wenn wir anlegen, kommen sie zum Einsatz.
Aber, man bräuchte viel mehr Fender an Bord, z.B. in der Koje, wenn die See stürmisch ist. Dann fliegt man nämlich von einer Seite auf die andere (damit man nicht rausfällt, kann man vorn ein Brett hochklappen) und dann wäre so ein Allround-Bett-Fender äußerst praktisch. Mein Kissen ist dafür leider nicht groß genug. Auch wenn man bei hohem Seegang Duschen gehen will, sollte man eigentlich gut „gefendert“ sein, da habe ich mir auch schon den und anderen blauen Fleck geholt. Die goldene Regel an einem Schiff ist sowieso: eine Hand für's Schiff, eine Hand für sich selbst. Also: Immer festhalten!
Hier an Bord gibt es keinen Fernseher, kein Internet, keinen Handy-Empfang und wenig Auslauf! Mhm, was machen wir also mit der ganzen Zeit? Na klar, alle acht Stunden geht die Hälfte der Schüler und die Steuermänner- und frau zur Wache, die andere Hälfte der Schüler hat mit den Lehrern den Tag über Unterricht. Aber da bleiben noch einige Stunden im Laufe des Tages und am Abend übrig, die gefüllt werden wollen.
Ein paar feste Termine in der Woche haben wir: Samstagabend treffen wir uns für eine Stunde zu einer Besprechung. Jeder kann sagen, was er oder sie auf dem Herzen hat, oder es wird z.B. gemeinsam überlegt, wie wir Weihnachten feiern wollen. Am Dienstag ist die English Soap Night. Donnerstags ist Filmabend (der dann Freitag wiederholt wird, da ja ein Teil immer auf Wache ist und außerdem nur die Hälfte von uns in der Messer Platz hat, um ohne Kopfverrenkung den Film zu sehen). Und dann gibt es immer wieder Exra-Programme für den Abend, z.B. einen Büchertausch, Spiele, ein Poker Turnier, Mikroskopieren (von Blut, buah!), Extra-Unterricht zum Navigieren nach Sternen usw. Aber dann bleibt immer noch viel Zeit. Was tun?
Einige schreiben fleißig in ihr Tagebuch, andere lesen, lesen, lesen. Wieder andere sagen in regelmäßigen Abständen: „Mir ist langweilig.“ Dann gibt es die, die zu den Wachgängern gehen und quatschen (wenn der Steuermann es zulässt). Oft wird zur Gitarre oder anderen Musikinstrumenten gegriffen. Außerdem gucken wir uns gern Fotos an und schwelgen dabei herrlich in Erinnerungen. Nachmittags steht Armbänderflechten gerade hoch im Kurs, dann sitzen wir im Seegarten mit unseren Bändern, zeigen uns gegenseitig neue Muster und Kniffe und reden viel. Da wir aus ganz unterschiedlichen Teilen Deutschlands kommen, lernen wir viel über die verschiedenen Gegenden. Wo ist denn Paderborn? Was ist ein Fleischpflanzerl? Ja, auf dem Atlantik lernt man die erstaunlichsten Dinge!
Bei schönem Wetter ist es herrlich auf dem Vordeck herumzuliegen - mit dem Kissen unter'm Kopf kann man dort wunderbar vor sich hin dösen. Und wenn es richtig heiß und der Seegang nicht zu stark ist, bauen wir uns einen Pool aus Planen auf dem Vordeck, füllen ihn mit Seewasser und los geht das schaukelige Planschen mit Blick auf das weite, weite Meer!
Eine prima Ablenkung sind immer wieder Wale oder andere Meereslebewesen, die an unserer Johnny vorbei schwimmen! Alle, wirklich alle, stürmen dann zur Reling und hoffen, dass die Meeres-Riesen sich wieder zeigen und vielleicht sogar eine Fontäne sprühen?! Äußerst selten sichtet man andere Schiffe. Umso cooler war es, als wir den Rahsegler Regina Maris sahen. Dies ist eines der holländischen Schiffe, die neben uns in Santa Cruz gelegen haben. Mitten auf dem Ozean sahen wir sie am Horizont – und sie uns!
Zwei Tage zuvor wurde die Regina Maris allerdings schon im Computer gesichtet. Ganz viel früher, als man wirklich erst mit dem Fernrohr vom Krähennest aus andere Schiffe sichten konnte, war das noch spannender. Vor allem: sah man einen Freund oder Feind?
Wir segeln nach Westen und immer weiter nach Westen und dadurch verändert sich für uns die Zeit des Sonnenauf- und untergangs. Wenn wir unsere Uhren auf der Fahrt gar nicht umgestellt hätten, wäre der Sonnenaufgang so gegen 10 Uhr morgens und der Sonnenuntergang gegen 22 Uhr abends. Die erste Unterrichtsstunde würde wie im Winter im Dunkeln gehalten werden, am Abend wäre es aber so lange hell wie im Sommer. Wir sind eben an einer ganz anderen Stelle auf der Erdkugel als in Europa und da sich die Erde ja um ihre eigene Achse dreht, kommt die Sonne eben auch in ein anderes Sichtfeld.
Damit wir nicht immer im Dunkeln aufstehen müssen, haben wir unsere Uhren jede Woche eine Stunde vorgestellt. Jetzt, während ich im Seegarten tippe, ist es bei uns 13:10 Uhr. Zuhause bei meinen Eltern in Minden zeigt die Uhr 18:10 Uhr. Und in London ist es 17:10 Uhr, da London westlicher als Minden liegt, von daher der Zeitunterschied.
Eigentlich kann ich jetzt auch noch was zu den Längengraden schreiben, die von den Polen aus die „Karten-Erde“ überziehen. Im 18. Jahrhundert haben Wissenschaftler festgelegt, das der Längengrad Null (Nullmeridian genannt) durch Greenwich bei London läuft. Bei den Griechen lief er noch durch Teneriffa - so ändern sich die Dinge auf dem Papier, in London oder auf Teneriffa hat sich deswegen nichts verändert. Die Längengrade zu berechnen war für die Wissenschaftler und für die Seefahrer jahrhundertelang ein Problem. Die Breitengrade konnte man einfach mithilfe der Sonne berechnen. Mithilfe eines Sextanten oder eines Jakbosstabs konnte man den Winkel der Sonne zur Erde ermitteln und dadurch herausfinden, wo man war. Da die Kapitäne dabei immer direkt in die Sonne schauten, erblindeten sie mit der Zeit. Zur Bestimmung der Längengrade hatte man keinen festen Punkt, an dem man sich orientieren konnte. Sie konnten erst genau bestimmt werden, nachdem ein Schotte die Taschenuhr erfunden hatte. James Cook war einer derjenigen, der diese damalige Neuheit auf seinen drei Reisen ausprobiert hat. Der Nullmeridian war der fixe Punkt und mit der Uhr und dem Log maß man dann die Zeit und Strecke, die zurückgelegt wurden. Genauigkeit und Disziplin waren gefragt!
Und dann sahen wir am Horizont die nördlichen Berge von Teneriffa. Ja!!! Ich saß vorne in der Bootsspitze.Wind im Gesicht. Blick voraus. Wie mussten sich die Entdecker gefühlt haben, die keine Karten, keine Satelliten und kein Wissen über das unbekannte Land hatten? Gab es dort Einwohner und wenn ja, wurde man freundlich oder kriegerisch empfangen? Welche Vegetation oder Tiere würde man erblicken? Wie sich auch die Zeiten geändert haben, ich glaube die Freude Land zu erblicken, ist gleich geblieben. Es ist einfach klasse!
Und jetzt ist eine Woche Teneriffa schon wieder vorbei, schwupps. Wo ist die Zeit geblieben?
Die Montagszeit:
Am Morgen wurden die Segel getauscht. Über den Atlantik werden wir die „alte Wäsche“, d.h. die älteren Segel aufziehen, da ist nicht ganz so stürmisch werden wird. Die besten Segel werden für den Rückweg aufgehoben. Danach gab es den zweiten Teil der Rettungsrollen, d.h. Üben für den Notfall. Da habe ich aber nicht mitgemacht, sondern bin mit Koch und den beiden Proviantmeistern zum Großmarkt gefahren, um das Warenangebot auszuloten. Für sage und schreibe vier Wochen brauchen wir Proviant an Bord! Tja, und ab 16 Uhr gab es bis zehn Uhr den ersehnten Landgang für alle. Wie wohl jeder andere der Johnny, habe ich erst einmal perInternet mit meiner Familie telefoniert.
Dienstagszeit:
Spaß war erst einmal angesagt. Hier in Teneriffa werden die Wachen getauscht: die erste Etappe ist vorüber. Meine Kollegen Tine und Thomas haben sich ein Spiel ausgedacht, bei dem die alten Wachen gegeneinander angetreten sind. Zum Beispiel mussten die Wachmitglieder schätzen, wie vielen Palstegs (ein bestimmter Knoten in der Seefahrt) ihre Wachführer hinter dem Rücken machen können. Oder der Wachführer musste schätzen, wie viele Leute auf einen Hocker passen, ohne den Boden zu berühren und dabei noch den Anfang von „Wir lagen vor Madagaskar“ singen können? Es war ein witziger Wettkampf!
Mit dem Wachentausch geht ein Kojen- und Kammertausch einher. Und das ist das erste Mal chaotisch! 26 Jugendliche, die fast gleichzeitig auf engstem Raum ihre Sachen zusammensuchen und sich ein neues Kojenheim bauen wollen. Es hat viel länger gedauert, als wir gedacht hatten. Bin gespannt auf das nächste Mal. Am Abend war ein bisschen Landgang noch möglich.
Mittwochszeit:
Morgens um 9:30 Uhr stand der Bus vor der Tür und brachte uns ins „Thor-Heyerdahl-Museum“. Eine kleine Einführung: Zentrum des Museums sind Tempelruinen, von denen man - ehrlich gesagt - nicht genau weiß, ob sie wirklich alt sind. Man kann Steinmauern sehen, einen Vorplatz vor einer erhöhten Ebene, von der aus man auf das Meer blickt. Und wie ich es auch schon bei Tempelanlagen in Südamerika gesehen habe, gibt es auf dieser Eben eine bestimmte Stelle, von der aus am Tag der Sonnenwende der Sonnenaufgang genau zu sehen ist.
Und das bringt mich zum Namensgeber des Museums: Thor Heyerdahl. Das war ein abenteuerlustiger, unglaublich mutiger Wissenschaftler. Er wollte beweisen, dass schon frühe Kulturen wie die Ägypter oder die südamerikanischen Völker Kontakt miteinander hatten. Er hatte gesehen, dass es so viele Ähnlichkeiten gibt: Tempelanlagen, Keramik (fast identische Formen von Töpfen oder Krügen), Schmuckstücke etc. Aber zwischen den Ländern lagen riesige Meere und wie sollten sich die Menschen damals denn besucht haben? Heyerdahl wollte zeigen, dass die Menschen so gutes Wissen über den Bau von Booten und der Navigation hatten, dass sie über Ozeane segeln konnten. Er hat nicht lange diskutiert, sondern ließ Boote mit dem Baumaterial der alten Zeit bauen und stach in See. „Verrückt!“ sagten seine Zeitgenossen. „Unmöglich!“ Aber er hat an seine Idee geglaubt und ist mit einem Boot im Stil der Ägypter von Afrika in die Karibik gesegelt! Beim ersten Mal klappte es nicht, beim zeiten Mal aber. Basta, es geht doch! Damit ist natürlich nicht hundertprozentig bewiesen, dass ein Ägypter solch eine Reise vor 3000 Jahren wirklich gemacht hat. Aber es wäre möglich gewesen. Ich habe auf alle Fälle Lust bekommen, über Thor Heyerdahls Fahrten (er hat noch mehrere gemacht) zu lesen. Im nächsten Frühjahr soll auch ein neuer Film über seine erste Segeltour ins Kino kommen, von Südamerika nach Polynesien. Bin gespannt.
Zurück auf dem Schiff bereiteten wir uns auf die nächsten zwei Tage vor: Packen für die Besteigung des Vulkans Teide.
Donnerstagszeit:
Frühstück, Kammer aufräumen, Koje bauen und los ging's zum Pico del Teide. Mit 3718 m die höchste Erhebung m Atlantik. Der Bus spuckte uns auf der Höhe von ca. 2600 Metern aus und wir stiefelten los. Ich hatte von vornherein gesagt, dass ich in der letzten Gruppe wandern würde, ich bin ja sowieso ein „Langsamgeherin“. Außerdem wollte ich dem Körper eine Chance geben, sich an den Höhenunterschied zu gewöhnen und als Schnecke kann man die Landschaft intensiver bestaunen. Das Panorama war spektakulär. Wow, wow, wow. Der Pico del Teide ist ja schon groß, aber vor laaaaanger Zeit (keiner weiß, wie lange es her ist) gab es an dieser Stelle einen viel größeren Vulkan. Die Ausmaße kann man noch immer erahnen, da ein Teil des Randes übrig geblieben ist. Im Meer soll sich der Rest befinden. In den Pausen haben wir uns die Vulkanlandschaft genau angesehen: die letzten Lavaströme, jüngere Vulkankegel in rot, gelb und schwarz und große Lava-Kugeln, die nach dem Schneeballprinzip entstanden sind.
Ganz bis zur Spitze sind wir an diesem Tag nicht gekommen, das war aber auch nicht geplant. Wir verbrachten die Nacht in einer Hütte.
Freitagszeit:
Es ging früh los, da wir zum Sonnenaufgang auf der Bergspitze sein wollten. Also, vier Uhr aufstehen, fünf Uhr Taschenlampe an und raus in die Kälte. Eingestellt war ich auf zwei bis drei Stunden Wandern und Staunen, aber da eine Schülerin starke Atemnot hatte, bin ich mit ihr nach fünf Minuten wieder umgekehrt. Den Sonnenaufgang haben wir aber trotzdem gesehen – gemütlich vom Hüttensofa aus.
Um 9 Uhr kamen die Bergstürmer wieder (saukalt muss es nach den Schilderungen gewesen sein, auf dem Sofa nicht:-) und wir verfrühstückten gemeinsam die Reste vom Abendbrot. In nur zwei Stunden ging wieder runter, und im Bus schön zurückgelehnt dachte ich noch, es würde ein ruhiger und erholsamer Abend werden. Nö.
Proviant einkaufen und verladen war angesagt. Die Proviantmeister und ich hatten gerade noch Zeit uns den Vulkanstaub abzuduschen, bevor es im Taxi zum Großhändler ging. Geschlagene drei Stunden sind wir durch die Gänge gerannt und haben acht große Einkaufswagen beladen.Puh, nach einer Vulkanbesteigung nicht gerade traumhaft. Aber es musste sein.
Samstagszeit:
Großreinschiff war angesagt. Also, auf einem Schiff muss recht viel geputzt werden. Wir leben auf der Johnny ja mit 36 Leute miteinander auf sehr engem Raum. Da fällt viel Staub und Dreck an. Naja, du weißt ja selbst, wie lange es dauert das eigene Zimmer aufzuräumen oder die Wohnung zu saugen. Vor allem, wenn man keine Lust dazu hat.
Aber immerhin konnten wir uns auf einen Höhepunkt freuen, denn abends waren drei Schiffe mit Jugendlichen zu einer Grillparty verabredet. Mit den Köchen der anderen Schiffe habe ich den Essensplan abgesprochen und am Abend trafen sich dann ca. 150 holländische, spanische und deutsche Jugendliche. Und wie sich das für den Süden gehört, wurde auch viel getanzt und gelacht. So ein Treffen hatte vorher so noch nie stattgefunden. Müde, aber glücklich bin ich in meine Koje gefallen.
Sonntagszeit:
Und heute war der letzte Zeit in Santa Cruz. Ich habe den Morgen in der Kombüse verbracht, während die jungen Seefahrer etwas über die Astronavigation gelernt haben. Dann bin ich noch etwas durch die Straßen von Santa Cruz geschlendert und habe mir gedacht: „Es gibt hier schöne Ecken mit alten, bunten Häusern und lauschigen Plätzchen, aber vom Hocker reist die Stadt mich nicht.“ Jetzt sitze ich in einem Eiscafé, tippe und versuche mir vorzustellen, wie die Überfahrt über den Atlantik werden wird. Und da kommt mir die Zeit wieder in den Kopf. Wird die Zeit so schnell vergehen, wie hier auf Teneriffa? Oder wird sie gefühlt stillstehen? In drei oder vier Wochen werde ich es wissen.
...und wollten kein Dengue-Fieber an Bord! Nach acht Tagen auf See freuten wir uns auf festen Boden unter den Füßen: die Blumeninsel Madeira. Nix da. Am Morgen verkündete der Kapitän, dass auf der Insel Menschen an Dengue-Fieber (ausgesprochen dänge) erkrankt wären und wir deshalb Madeira nur aus sicherem Abstand sehen dürften. Schade, wirklich schade!
Was ist das denn für ein Fieber? Man bekommt es durch Mücken, die beim Stechen den Dengue-Virus übertragen. Dann kriegt man nach ca. zwei Wochen heftigst Fieber, so stark, dass man daran sterben kann. Bis heute gibt es kein Medikament dagegen, was es eben so schlimm macht. Naja, und dass wir deswegen lieber an Bord geblieben sind, ist ja klar.
Dengue-Fieber gab es übrigens noch nie (jedenfalls so lange sich Menschen daran erinnern können) auf Madeira. Mhm, wie kriegt man die gefährliche Mücke von der Insel? Und: wie kam sie überhaupt dorthin? Über ein Flugzeug? Ein Schiff? Da gibt es ja wieder ein paar neue Aufgaben für unsere Wissenschaftler.
Mit einem Regenbogen am Himmel sagten wir Adios zur Küste Madeiras und machten uns hoffnungsvoll auf den Weg nach Teneriffa!
Um es gleich zu bekennen: Ich bin keine geborene Seebärin. Man, kaum werden die Wellen etwas kräftiger, und ich hänge über der Reling. Das nervt mich schon mächtig, denn eigentlich war ich die letzten zwei Wochen nie in meiner vollen Kraft an Bord. Immer war mir etwas schwummerig oder sehr übel oder ich war einfach nur müde. Aber irgendwie ging es dennoch, und auch seemulmig konnte ich der Backschaft (das heißt in der Küche) etwas helfen und hier und da was machen. Einfach immer mit einer Pause. Ohne Pause ging es in fünf Tagen von Guernsey nach Nordspanien, genauer gesagt nach La Coruna. Ein weiterer Ort, den ich zuvor nicht kannte. Aber bevor ich davon berichte, erst einmal ein paar Zeilen über unsere Fahrt vom Englischen Kanal bis zum südlichen Zipfel der Biscaya...was ich davon erlebt habe. Biscaya – damit wird in der Seefahrt aufgewühltes Wasser mit stürmischen Winden verbunden. Es ging erst einmal ganz ruhig mit Wind „im Rücken“ los. Es blies aus Nordosten, leider nicht sonderlich stark. Wir fuhren teilweise unter Segel, manchmal ging es mit der Kraft des Motors voran und teilweise ging es nur mit einem Knoten voran. Ehm, was ist eigentlich ein Knoten? Natürlich nicht der Knoten im Schnürsenkel, sondern die Angabe für Geschwindigkeit zu Wasser, und in km/h ausgedrückt sind es 1,852 km/h. An einer Stelle war es völlig windstill und nebelig, spooky. Richtige Wellen bekamen wir aber auch noch, Freitagnacht. So wie es sich für die Biscaya gehört und das Quarkschälchen hat beim Frühstück einen Salto geschlagen. Flutsch. Ich hatte ja beim letzten Eintrag gesagt, ich schreibe etwas über die Wachen. Here we go. Alle Schüler sind in Wachen eingeteilt, also ist eine Wache ca. acht sogenannte Wachgänger stark. Fünf Minuten bevor die Wache losgeht, müssen alle zu Wachablösung Achterndeck (hinten auf dem Deck) sein. Dort werden die Schwimmwesten übergeben, die abziehende Wache gibt einen kurzen Bericht darüber, was in den letzten Stunden passiert ist, welcher Kurs angesteuert wird und wie viele Knoten gefahren werden. Zum Abschluss wird folgendes Ritual geschmettert: „Die abziehende Wache wünscht der aufziehenden Wache eine gute Wache!“ „Die aufziehende Wache wünscht der abziehenden Wache eine gute Ruh!“ Kleines Detail: die Neukommer stehen mit dem Gesicht in den Wind , damit sie wach werden! Die Wachen gehen natürlich auch die Nacht durch (Beginn 23, zwei Uhr, fünf Uhr) und da sind die Augen dann noch sehr klein. Dick eingemummelt steht ein Wachgänger dann am Ausguck backbord (rot und links) oder steuerbord (grün und rechts) und müssen dem Steuermann über alles Auskunft geben, was sie sehen („Frachter backbord drei Strich voraus!“). Am Ruder steht der Rudergänger und steuert den Kurs, den er vom Steuermann gesagt bekommt, z.B. „120 Grad – eins, zwo, null.“ Der Rudergänger wiederholt zur Sicherheit: „Eins, zwo, null.“ und dreht das Steuer. Dann gibt es noch den Flötentörn – keine Quer- oder Blockflöte. Zwei sind auf der Brücke (das „Büro“ des Kapitäns und der Steuerleute). Von der Brücke aus hat man einen freien Blick nach vorn und dort sind ein weiteres Steuer, Radargeräte, Funkgeräte, ein Magnetkompass, viele Knöpfe und Sicherungen (von denen ich noch keine Ahnung habe und vielleicht auch nie bekomme) und der Kartentisch. Der Flötentörn macht das Wetter, trägt die Position ein, steht dem Kapitän/Steuermann zur Verfügung. Wetter machen: Wassertemperatur nehmen, Windrichtung- und stärke bestimmen (anhand der Wellen!) und die Lufttemperatur (trocken und feucht) messen. Da hat man ganz schön was zu tun. Am Ende einer Wache muss der wachführende Steuermann die Daten in das Schiffstagebuch eintragen. Ja, und dann sitzen noch die übrigen Wachgänger im Seegarten (kein Blumenbeet sondern Holzbänke und ein Tisch, in den letzten Tagen auch öfter „Wintergarten“ genannt) und halten sich zur Verfügung. Eine halbe Stunde vor Wachablösung muss einer los, um die nächste Wache zu wecken. Und das Wecken ist ein Thema für sich... Und nun zum Jabobsweg. Was hat Segeln mit Pilgern zu tun? So erst einmal gar nichts. Gestern waren wir aber in Santiago de Compostella und hierhin pilgern aus ganz Europa Katholiken auf dem Jakobsweg. wir haben aber die bequeme Variante gewählt und sind mit dem Bus dorthin gefahren. In der Kathedrale, dem Ziel der Wanderung, hängt eine riesige Weihrauchkugel, die zu besonderen Anlässen wird...früher wohl um den Gestank der Pilger zu übertünchen. Da wir noch nicht so sehr gestunken haben, wurde kein Weihrauch verstreut. Ach ja, die Gebeine (Knochen) des Apostels Jakobus sollen dort verstaut sein. Bueno, auf der Jonny wird schon wieder alles fertig zum Auslaufen gemacht. In einer halben Stunde geht es los Richtung Madeira, der Blumeninsel. Die Überfahrt wird wohl um sieben Tage dauern. Bis denne.
Land! Nach einer Woche auf der Nordsee kamen wir gestern in Guernsey an – vor drei Tagen wusste ich noch nicht, dass dieses Fleckchen Erde überhaupt existierte. Es ist eine der Inseln im Englischen Kanal, sie liegt viel näher an Frankreich, gehört aber zu Großbritannien. Das Hafenstädtchen St. Peter Port ist also very British and lovely und gestern gab es very oily Fish and Chips. Hier und da liest man aber französische Wörter, viele Frenchmen leben hier eben nämlich auch. Es soll der schönste Hafen Europas sein...aber das kann ja jeder sehen wie er will.
Tja, der Weg hier her war nicht ganz ohne. Nach der Verabschiedung am Sandtorkai ging es noch gemütlich die Elbe hinunter, und als ich nach meiner Wache in die Koje ging, lief das Schiff noch ruhig. Dann aber begrüßte uns die Nordsee stürmisch. Um fünf Uhr morgens bei meiner nächsten Wache dauerte es ungefähr fünf Minuten, bis mein Abendessen über die Reling ging. Für drei Tage hielt das an, ich dachte immer: „Jetzt hast du es überwunden!“ Pustekuchen, kaum ging ich ein paar Schritte, wurde es wieder mulmig in der Magengegend und ab auf die Toilette. Zum Glück ging es nicht allen so, und diese Helden haben die Wachen durchgehalten und die Jonny durch die Wellen gesteuert.
Ich hatte mir ja gewünscht, dass die Winde uns Stück für Stück Richtung Karibik pusten würden, zu Beginn unserer Reise wollten sie das jedenfalls nicht. Trotz der guten Wetterkunde unseres Kapitäns und der Steuerleute kamen wir in ein Tief, das uns ziemlich durchgeschüttelt hat. Der Wind kam von vorne, blies irgendwann gar nicht mehr... So war ich und, ich glaube, die anderen auch sehr froh, als wir Guernsey endlich erreichten.
Im Bordalltag kommt so langsam etwas wie eine Routine rein. Jeder geht auf Wache (drei oder vier Stunden). Während der Wache werden alle halbe Stunde die Positionen gewechselt: Rudergänger (steuern), Ausguck, Flötengänger auf der Brücke (Luft- und Wassertemperatur messen, Luftdruck, Position bestimmen und in die Seekarte einzeichnen). Das sind so die Hauptaufgaben, wenn nicht gerade auch Segel gesetzt oder eingeholt werden. Neben der Wache gibt es natürlich noch viele andere Sachen, die gemacht werden müssen: Backschaften, Putzen, Kojenbauen...aber davon und von uns als Mannschaft das nächste Mal! Morgen geht es erst einmal weiter – Richtung Nordspanien, in wärmere Gefilde!
Fair winds!
Jetzt sind alle in Hamburg angekommen - aus Köln, Bremen, München, Pappenheim, Marburg usw. Die Kojen sind vergeben, die Wachen eingeteilt, die erste Backschaft war schon tätig und so langsam wird alles realer: Übermorgen geht es wirklich los. Morgen wird der Proviant geliefert, und wir müssen ihn so verstauen, dass alle Gläser sicher stehen und nix überschwappt. Abends gibt's noch einen Empfang mit Vorstellung und einem letzten gemeinsamem Essen mit den Eltern. Tja, dann noch eine Nacht und Samstagmittag segeln wir die Elbe Richtung Nordsee entlang! Ich bin aufgeregt. Wo und wann ich den nächsten Eintrag schreiben werde, weiß ich nicht, denn an Bord habe ich kein Internet und wie die Wetter- und Windbedingungen sein werden, weiß ich ja nicht. Also bis irgendwann demnächst. Ahoi!
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