Da der Southwest Chief täglich fährt, konnte ich nach drei Tagen in Flagstaff wieder in den Zug steigen und noch die letzte Strecke bis zum
Pazifik mitfahren. Nach schlappen neun Stunden sah ich morgens mit verschlafenen Augen die Skyline von Los Angeles.Ich hatte es geschafft und war einmal quer durch den
nordamerikanischen Kontinent gereist! Good Morning sunny California! Und sonnig ist es hier allemal, denn die Sonne soll an manchen Orten unglaubliche 90 Prozent des
Jahres am Himmel strahlen. Aber nicht überall. Ich war zwölf Tage an der Küste Kaliforniens und in den Wäldern der Redwoods nieselte grauer Regen auf mich herab.
Als ich in Los Angeles ankam, traf ich als erstes eine alte Bekannte wieder, die „Queen Mary“. Sechs Wochen zuvor hatte ich sie auf dem Atlantik gesehen, und nun lag sie Anfang November im Hafen von L.A. Wer von uns hatte wohl die spannendere Reise hinter sich?
Vieles hätte ich mir in Los Angeles anschauen können: den Walk of Fame mit den im Bürgersteig eingelassenen Sternen der Stars, die Universal Studios in Hollywood, die reiche Gegend in Beverly Hills oder den Disneyland Park im nahe gelegenen Anaheim.
Das hatte ich aber schon als Austauschschülerin gesehen, und es reizte mich kein zweites Mal. Ich habe lieber wie ein Hollywood Start gelebt, so fühlte ich mich zumindest. Bei der Tante einer Freundin in den USA konnte ich ein paar Tage bleiben und diese Aunt Sharon hat das coolste Apartment, das ich während meiner Reise gesehen habe – mit Blick auf den Pazifik vom Pool aus. Nach einer Nacht im Zug genau der richtige Ort zum Chillen.
Gebräunt und voller Energie stieg ich wieder in den Zug, um direkt entlang der Pazifikküste von Los Angeles nach San Francisco zu gelangen. Die meiste Zeit saß ich strickend am Fenster und genoss immer wieder den Blick auf den glitzernden Stillen Ozean.
In San Francisco traf ich dann meinen Schulfreund André, und gemeinsam besuchten wir einen weiteren Klassenkameraden, der ganz in der Nähe mit seiner Familie lebte. Ein Überraschungswiedersehen nach langer, langer Zeit.
Wir haben natürlich viel über die Schulzeit gequatscht, logisch, aber mit André war ich auch noch auf Sightseeing-Tour. Wir fuhren zum Beispiel ins Nappa-Valley zu einem Geysir, dem Old Faithful. Der Name der „Alte Treue“ soll an die Beständigkeit erinnern, mit der der heiße Wasserstrahl aus der Erde schießt. Alle 30 Minuten findet dieses Spektakel statt - außer ein Erdbeben steht kurz bevor, denn dann wird der Treue unzuverlässig. Dadurch kündigt er allerdings das Beben an und das ist wiederum eine verlässliche Warnung für die Menschen. Kalifornien ist ein Erdbebengebiet.
Über die wunderbare Golden Gate Bridge, ein modernes Weltwunder und eine der längsten Hängebrücken der Welt, ging es dann wieder zurück nach SanFran und abends aßen wir in der China-Town Sushi. Seit der Zeit des Eisenbahnbaus leben sehr viele Asiaten in den USA und jede größere Stadt hat eine China-Town, in der man sich fast wie in Asien fühlen kann.
Allein machte ich mich noch einmal mit dem Fahrrad auf den Weg, was in San Francisco ganz schön anstrengend ist. Die Stadt ist nämlich auf vielen Hügeln gebaut, und da die Straßen wie ein Schachbrett ohne Rücksicht auf die Erhebungen angelegt wurden, kann es mitunter sehr steil bergauf gehen. Puh, meine Oberschenkel waren teilweise überfordert!
Richtig klasse war es natürlich mit dem Fahrrad über die Golden Gate Bridge zu fahren, das war noch einmal was ganz besonderes, denn ich konnte einfach anhalten, den Blick schweifen lassen und mich darüber freuen, wo ich gerade war!
Über San Francisco gibt es ein ganz, ganz bekanntes Lied aus der Hippie-Zeit, also der Zeit der Schlaghosen und langen Haare mit Blumen. Und genau die werden in dem Song besungen: "If you're going to San Francisco, make sure you have flowers in your hair!" San Francisco war der zentrale Ort der Hippies. Bunt, blumig, frei, gegen den Strom - das war sozusagen das Motto der Flower Power Zeit. Die Kraft der Blume!
Gar nicht frei war das Leben auf der Gefängsinsel direkt vor der Stadt - Alcatraz. Es war nicht irgendein Gefängnis, sondern ein Hochsicherheitsgefängnis und sollte ausbruchssicher sein. Das war es zwar nicht, aber von den 14 Fluchtversuchen in 29 Jahren war keiner erfolgreich, denn die Flüchtingen wurden wieder eingefangen, erschossen oder sie ertranken. Eine Flucht ist allerdings bis heute ungeklärt, denn die Insassen wurden weder gefangen noch gefunden. Diese myteriöse Geschichte hat Hollywood natürlich verfilmt!
Nach vier Tagen hieß es Abschied nehmen von André und San Francisco. Aber es war ein leichter Abschied, denn gleich am nächsten Tag fuhr ich nach Eureka zu meiner Freundin Sharon, deren Tante Sharon mich in LA aufgenommen hatte. Besser konnte es ja gar nicht laufen!
Die größten Bäume der Welt wachsen an der Nordküste Kaliforniens, die sogenannten Redwoods. Tja, aber von dort habe ich nur ein völlig blödes Foto:
Auf zur nächsten Station!
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